Pressemitteilung | FBH, WIAS | 18-12-2007

Alles im grünen Bereich

Alles im grünen Bereich

Waferviertel mit LED | Foto: FBH/schurian.com

 

Ein neuer Sonderforschungsbereich untersucht Laserdioden. Das FBH spielt dabei eine große Rolle 

Das Ferdinand-Braun-Institut ist maßgeblich an einem neuen Sonderforschungsbereich (Sfb) beteiligt, dessen Sprecherhochschule die Technische Universität Berlin ist. Dabei geht es um „Halbleiter-Nanophotonik“, einfacher ausgedrückt um Laserlicht, das aus kleinen und hocheffizienten Halbleiterdioden kommen soll. Zwar sind solche Laserdioden bereits teilweise kommerziell erhältlich, doch der Sfb will in neue Dimensionen vorstoßen und Halbleiterbauelemente für eine Vielzahl unterschiedlicher Anwendungen entwickeln.

„Das sind zum einen grüne Laser, aber auch hochbrillante Licht-Emitter, die im nahen Infrarot bis roten Spektralbereich emittieren“, erläutert Michael Kneissl. Der Physiker ist Sprecher des Sfb 787, Professor an der TU und zugleich Leiter des Geschäftsbereiches Galliumnitrid-Optoelektronik am Ferdinand- Braun-Institut (FBH). Eine weitere Besonderheit: „Wir wollen uns mit der ganzen Wertschöpfungskette befassen, von der Erforschung der grundlegenden Materialeigenschaften bis hin zur Realisierung von Bauelementen“, sagt Kneissl. Teil der Forschung wird die mathematische Modellierung sein, übernommen vom Institut für Theoretische Physik der TU Berlin, dem Berliner Zuse- Zentrum sowie dem Weierstraß-Institut für Angewandte Analysis und Stochastik (WIAS), einem weiteren Institut aus dem Forschungsverbund. „Die Modellierung geht über einen enormen Skalenbereich“, erläutert Kneissl, „das fängt bei der theoretischen Beschreibung von Nanostrukturen und deren optischer Eigenschaften an und hört bei der Simulation ganzer Bauelemente auf.“

Im Fokus der Forscher sind Verbindungen des Metalles Gallium, vor allem Galliumnitrid (GaN) und Galiumarsenid (GaAs). Diese wiederum werden mit weiteren Elementen legiert, Aluminium und Indium, und so verarbeitet, dass komplexe Schichtpakete aus Kristallen entstehen. Je nach Zusammensetzung kann die Wellenlänge gleichsam eingestellt werden. Laser aus Indium-Galliumnitrid (InGaN) haben bereits ihre „Killerapplikation“ gefunden: Mit ihrem blauen Strahl (engl.: blue ray) lassen sich mehr Daten aus DVDs lesen als bisher, die „Blu-Ray Discs“ erobern gerade den Markt.

Kommt jetzt die Green-Ray Disc? „Nein“, sagt Michael Kneissl und lacht. Er deutet auf einen – ausgerechnet giftgrünen – Bleistiftanspitzer auf seinem Schreibtisch: „Mit unseren Laserdioden im grünen Bereich könnten wir Projektoren realisieren, nicht größer als dieser Anspitzer.“ Kleiner als ein Handy wäre dann ein Beamer, der gestochen scharfe TV-Bilder an die Wand wirft. Er bräuchte keine laute Lüftung, die Dioden würden eine mehrfach längere Lebensdauer haben als die Lampen, und energiesparender wären sie obendrein – die Killerapplikation Laser-TV. Rote und blaue Laser seien bereits in ausreichender Brillanz verfügbar, nur Grün fehle noch. Sein Kollege am FBH, der Abteilungsleiter für Materialtechnologie Markus Weyers, spricht auch vom „green gap“, der grünen Lücke. Die sei materialbedingt, denn die zu hohe Beimischung von Indium führe zu Störungen im Kristallgitter. Dem werden die Wissenschaftler mit einer ausgeklügelten Architektur und Schichtenstapelung der Bauteile abzuhelfen versuchen. Das geht per Epitaxie, also über kontrolliertes Wachstum hauchfeiner Schichten. Die Expertise und die Technik am FBH sind hierbei von entscheidender Bedeutung.

Überhaupt sei das wissenschaftliche Umfeld in Berlin für den Sonderforschungsbereich „Nanophotonik“ ausgezeichnet, schwärmt Kneissl. „Weltweit lassen sich die Orte, wo man so etwas kann, an den Fingern einer Hand abzählen“, sagt der Physiker, der selbst in den USA geforscht hat. Insgesamt vereint der Sfb, den Prof. Dieter Bimberg vom Institut für Festkörperphysik der TU Berlin initiiert hat, mehr als ein Dutzend Forschergruppen aus drei Universitäten (TU und HU in Berlin sowie Uni Magdeburg) und vier außeruniversitären Forschungseinrichtungen in Berlin, zwei davon aus dem Forschungsverbund.

Die Wissenschaftler werden sich in den kommenden Jahren nicht nur auf das Thema Laser TV konzentrieren, das ist nur eine der möglichen Anwendungen. „Wir wollen zum Beispiel auch Dioden realisieren, die Lichtteilchen einzeln aussenden“, sagt Kneissl. Solche „Single-Photonen-Emitter“ sind entscheidend für die Quantenkryptographie, also die abhörsichere Verschlüsselung von Informationen. Ein weiteres Ziel ist die Beschleunigung der Datenübertragung durch die Entwicklung von Laserdioden, die ultrakurze Pulse erzeugen und bei höchsten Frequenzen arbeiten. Die Forscher haben viel vor, und so streben sie eine Förderdauer von zwölf Jahren an. 35 Millionen Euro an Forschungsmitteln könnten damit in den Sfb fließen.

Sfb 787

Laufzeit: 2008 bis 2011 (Verlängerung bis 2019 geplant)
Sprecher: Prof. Dr. Michael Kneissl, TU Berlin/ FBH
Fördersumme: knapp elf Millionen Euro in der ersten Förderperiode (bei 12 Jahren Gesamtdauer rund 35 Millionen Euro)

Beteiligte Einrichtungen: TU Berlin (Sprecherhochschule), Humboldt-Universität zu Berlin, Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg, Ferdinand-Braun-Institut für Höchstfrequenztechnik, Fraunhofer-Institut für Nachrichtentechnik Heinrich-Hertz-Institut, Konrad- Zuse-Zentrum für Informationstechnik Berlin, Weierstraß-Institut für Angewandte Analysis und Stochastik.