Pressemitteilung | IZW | 09-01-2025

BioRescue erhält wissenschaftlichen Preis und verkündet die Produktion fünf weiterer Embryonen des Nördlichen Breitmaulnashorns

Das vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) geförderte BioRescue-Projekt entwickelt fortschrittliche Technologien der assistierten Reproduktion (aART) für den Artenschutz, insbesondere für den Erhalt der Nashörner.

BioRescues 17. Eizellentnahme beim Nördlichen Breitmaulnashorn Fatu im Juni 2024 | Foto: Rio the photographer

In einem im Oktober 2023 in der Fachzeitschrift „Reproduction“ veröffentlichten Aufsatz evaluierte das Team unter anderem die Verfahren der Eizellentnahme (OPU) und der In-vitro-Befruchtung (IVF) und zeigte, dass aART bei Breitmaulnashörnern für die Spendertiere sicher ist und zuverlässig lebensfähige Embryonen hervorbringt. Die Arbeit ist nun von der internationalen wissenschaftlichen Gesellschaft für Fortpflanzung und Fruchtbarkeit („Society for Reproduction and Fertility“) als bester veröffentlichter Artikel in der Fachzeitschrift im Jahr 2023 ausgezeichnet worden. BioRescue gibt außerdem die Produktion von fünf weiteren Embryonen des Nördlichen Breitmaulnashorns Fatu in der zweiten Hälfte des Jahres 2024 bekannt, die zur Erfolgsbilanz des Projekts seit der ersten OPU im Jahr 2019 hinzukommen.

Der Preis wurde dem gesamten Autorenteam des Aufsatzes verliehen und von Prof. Dr. Thomas Hildebrandt und Dr. Susanne Holtze vom Leibniz-Institut für Zoo- und Wildtierforschung (Leibniz-IZW) im Namen des Autorenteams bei einer Zeremonie am 8. Januar 2025 in Liverpool akzeptiert. Die in dem Aufsatz beschriebenen aART-Verfahren von BioRescue umfassen die hormonelle Stimulation der Eierstöcke, die Entnahme der Eizellen (OPU), die In-vitro-Reifung der Eizellen, die In-vitro-Befruchtung (IVF), die Embryokultur und die Kryokonservierung. Das Autorenteam um Hildebrandt, Holtze, Dr. Frank Göritz (alle vom Leibniz-IZW) sowie Dr. Silvia Colleoni und Prof. Cesare Galli (beide Avantea Srl.) wertete 65 dieser Prozeduren aus, die von 2015 bis 2022 sowohl bei nördlichen als auch bei südlichen Breitmaulnashörnern durchgeführt wurden. Die Analyse zeigte, dass aART eine zuverlässige Methode zur Erzeugung von Breitmaulnashorn-Embryonen ist, dass sie für die weiblichen Spendertiere sicher ist und keine negativen gesundheitlichen Auswirkungen hat, und dass regelmäßige OPUs die reproduktive Gesundheit weiblicher Nashörner fortgeschrittenen Alters begünstigten, die noch keinen Nachwuchs bekommen hatten. Die Eingriffe verbesserten ihre Eierstockfunktion, erhöhten die Follikelzahl und führten zur Rückbildung pathologischer Strukturen wie Eierstockzysten. Detaillierte Informationen zum Aufsatz finden Sie in der BioRescue-Pressemitteilung vom Oktober 2023.

Die Anerkennung der wissenschaftlichen Errungenschaften von BioRescue kommt zu einem Zeitpunkt, an dem das Team eine Bilanz seiner fünfjährigen Arbeit mit dem nördlichen Breitmaulnashorn (NWR) zieht. Die erste OPU bei den Weibchen Fatu und Najin wurde im August 2019 durchgeführt; im September 2019 erzeugte das Team die ersten zwei NWR-Embryonen. Seitdem wurden insgesamt 35 NWR-Embryonen erzeugt, die aus 18 Eizellentnahmen bei Fatu bis Oktober 2024 resultierten. Im Durchschnitt konnte das Team etwa zwei Embryonen pro Eingriff erzielen (genau sind es 1,94). Es gab zwar Eizellentnahmen, aus denen kein Embryo hervorging, aber es gab auch ungewöhnlich erfolgreiche Einsätze – die größte Anzahl waren fünf Embryonen, die nach einer einzigen Eizellentnahme erzeugt wurden. Für die Erzeugung der Embryonen wurde das konservierte Sperma von zwei 2014 verstorbenen Nördlichen Breitmaulnashornbullen, Suni und Angalifu, verwendet.

In der zweiten Hälfte des Jahres 2024 konnte das BioRescue-Team insgesamt fünf neue Embryonen erzeugen. Drei Embryonen wurden im Juli nach der OPU im Juni 2024 und zwei Embryonen wurden als Ergebnis der OPU im Oktober 2024 erzeugt. Dies deutet darauf hin, dass Fatu ihre gute reproduktive Gesundheit beibehalten hat, obgleich es einen vorübergehenden Rückgang des OPU-Erfolgs infolge eines infektiösen Vorfalls Ende des Jahres 2023 gab. Eine Clostridien-Infektion, die auf die Zeiten der Ol Pejeta Conservancy als kommerzielle Rinderfarm zurückging, tauchte aufgrund starker Regenfälle Ende 2023 wieder auf und befiel einige Nashörner im Schutzgebiet. Daher mussten die geplanten Eingriffe verschoben werden. Da Fatu zum Zeitpunkt des unvorhergesehenen Bakterienausbruchs bereits hormonell stimuliert worden war, setzte das Team eine Hormonbehandlung ein, um ein ovarielles Überstimulationssyndrom zu vermeiden. Die Verabreichung dieser Medikamente führte Anfang 2024 zu einer vorübergehenden Verringerung der Follikelzahl und Eizellenqualität. Die gute Nachricht ist jedoch, dass Fatus Gesundheit und Wohlergehen, welche regelmäßig vor und nach jedem Eingriff überprüft werden, weiterhin sehr gut sind und durch die wiederholten Eingriffe nicht beeinträchtigt wurden.

Neben der Produktion von Embryonen meisterte das BioRescue-Team auch den nächsten Schritt im IVF-Programm – den erfolgreichen Transfer eines Nashorn-Embryos in eine Leihmutter. Ein in-vitro erzeugter Embryo eines südlichen Breitmaulnashorns wurde im September 2023 in eine Leihmutter des südlichen Breitmaulnashorns in der Ol Pejeta Conservancy in Kenia übertragen. Das BioRescue-Team bestätigte später eine Schwangerschaft von 70 Tagen mit einem gut entwickelten, 6,4 cm langen männlichen Embryo. Detaillierte Informationen zu dem Embryotransfer finden Sie in der BioRescue-Pressemitteilung vom Januar 2024.

Der erfolgreiche Embryotransfer und die anschließende Schwangerschaft – eine Weltpremiere bei Nashörnern – sind der Beleg, dass ein Transfer von in-vitro erzeugten Embryonen in eine Leihmutter bei Breitmaulnashörnern möglich ist. Dies ermöglicht es dem BioRescue-Team, sicher zum Transfer von NWR-Embryonen überzugehen – ein Meilenstein in der Mission, das Nördliche Breitmaulnashorn vor dem Aussterben zu bewahren. Das Team hofft, in absehbarer Zeit die erste Schwangerschaft durch einen erfolgreichen Transfer von NWR-Embryonen zu erreichen.

Fotos stehen zur Nutzung zur Verfügung unter:
https://hidrive.ionos.com/share/tbfhbw4qwn.

Die Fotos dürfen nur in direktem Zusammenhang mit dem Inhalt dieser Pressemitteilung und/oder Berichten über die dargestellten Themen verwendet werden. Der Urheberrechtsinhaber ist ordnungsgemäß zu nennen, wie in den Dateinamen vermerkt.

Hildebrandt TB*, Holtze S*, Colleoni S*, Hermes R, Stejskal J, Lekolool Isaac, Ndeereh D, Omondi P, Kariuki, L. Mijele, D, Mutisya, S, Ngulu S, Diecke S, Hayashi K, Lazzari G, de Mori B, Biasetti P, Quaggio A, Galli C*, Goeritz F* (2023):
In vitro fertilization (IVF) program in white rhinoceros. Reproduction 166/6, 383–399.
DOI: 10.1530/REP-23-0087

Leibniz-Institut für Zoo- und Wildtierforschung (Leibniz-IZW)
Das Leibniz-Institut für Zoo- und Wildtierforschung (Leibniz-IZW) ist eine international renommierte deutsche Forschungseinrichtung des Forschungsverbundes Berlin e.V. und Mitglied der Leibniz-Gemeinschaft. Unsere Aufgabe ist es, die evolutionären Anpassungen von Wildtieren an den globalen Wandel zu untersuchen und neue Konzepte und Maßnahmen zur Erhaltung der Biodiversität zu entwickeln. Dazu nutzen unsere Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler ihre breite interdisziplinäre Expertise aus Biologie und Veterinärmedizin, um Grundlagen- und angewandte Forschung – von der molekularen bis zur Landschaftsebene – im engen Dialog mit der Öffentlichkeit und den Interessengruppen zu betreiben. Darüber hinaus engagieren wir uns für einzigartige und qualitativ hochwertige Dienstleistungen für die Wissenschaft.
www.izw-berlin.de  

Safari Park Dvůr Králové
Der Safari Park Dvůr Králové ist ein Safaripark in der Tschechischen Republik. Er ist einer der besten Nashornzüchter außerhalb Afrikas und der einzige Ort, an dem das nördliche Breitmaulnashorn in menschlicher Obhut gezüchtet wurde – beide verbliebenen Weibchen, Najin und Fatu, wurden hier geboren. Der Safari Park Dvůr Králové koordiniert die Bemühungen zur Rettung der nördlichen Breitmaulnashörner.
https://safaripark.cz/en/

Avantea
Avantea ist ein Labor für Biotechnologieforschung und Tierreproduktion mit Sitz in Cremona, Italien. Avantea verfügt über mehr als zwanzig Jahre Erfahrung und Know-how in der assistierten Reproduktion von Nutztieren, welche durch jahrelange Forschung auf dem Gebiet der Biomedizin und der Tierzucht entwickelt wurden.
www.avantea.it/en/

University of Padua
Die Universität von Padua in Italien ist eine der ältesten Universitäten weltweit und feiert ihr 800-jähriges Bestehen. Ihre Abteilung für vergleichende Biomedizin und Lebensmittelwissenschaften entwickelt führende Forschung und Ausbildung im Bereich der Erhaltung und des Wohlergehens von Wildtieren, mit besonderem Schwerpunkt auf der ethischen Bewertung und Evaluierung von Forschungsprojekten und Ausbildungsprogrammen, die vom „Ethics Laboratory for Veterinary Medicine, Conservation and Animal Welfare“ entwickelt werden.
https://www.unipd.it/en/
https://www.bca.unipd.it/en/

Ol Pejeta Conservancy
Die Ol Pejeta Conservancy beherbergt die größte Population des östlichen Spitzmaulnashorns und ist der einzige Ort in Kenia, an dem Schimpansen beobachtet werden können. Außerdem leben hier die weltweit letzten beiden nördlichen Breitmaulnashörner. Zu den hochmodernen Sicherheitsmaßnahmen von Ol Pejeta gehören eine spezielle K-9-Einheit, Kameras mit Bewegungssensoren entlang des solarbetriebenen Elektrozauns und eine spezielle Nashornschutzeinheit mit Hundestaffel.
www.olpejetaconservancy.org

Kenia Wildlife Service (KWS)
Der Kenya Wildlife Service ist die wichtigste Regierungsinstitution, die für die Erhaltung und das Management der Wildtiere in Kenia zuständig ist. KWS setzt auch die einschlägigen Gesetze und Vorschriften durch.
http://kws.go.ke/

Wildlife Research and Training Institute (WRTI)
Das Wildlife Research and Training Institute (WRTI) ist eine staatliche Einrichtung, die im Rahmen des Wildlife Conservation and Management Act No. 47 von 2013 gegründet wurde, um die Forschung und Ausbildung im Bereich Wildtiere in Kenia zu koordinieren und durchzuführen und dabei innovative Ansätze zu nutzen, um genaue und zuverlässige Daten und Informationen für die Politikgestaltung und Entscheidungsfindung bereitzustellen.
https://wrti.go.ke/

Max Delbrück Center
Das Max-Delbrück-Centrum für Molekulare Medizin in der Helmholtz-Gemeinschaft (Max Delbrück Center) gehört zu den international führenden biomedizinischen Forschungszentren. Nobelpreisträger Max Delbrück, geboren in Berlin, war ein Begründer der Molekularbiologie. An den Standorten in Berlin-Buch und Mitte analysieren Forscher*innen aus rund 70 Ländern das System Mensch – die Grundlagen des Lebens von seinen kleinsten Bausteinen bis zu organ-übergreifenden Mechanismen. Wenn man versteht, was das dynamische Gleichgewicht in der Zelle, einem Organ oder im ganzen Körper steuert oder stört, kann man Krankheiten vorbeugen, sie früh diagnostizieren und mit passgenauen Therapien stoppen. Die Erkenntnisse der Grundlagenforschung sollen rasch Patient*innen zugutekommen. Das Max Delbrück Center fördert daher Ausgründungen und kooperiert in Netzwerken. Besonders eng sind die Partnerschaften mit der Charité – Universitätsmedizin Berlin im gemeinsamen Experimental and Clinical Research Center (ECRC) und dem Berlin Institute of Health (BIH) in der Charité sowie dem Deutschen Zentrum für Herz-Kreislauf-Forschung (DZHK). Am Max Delbrück Center arbeiten 1800 Menschen. Finanziert wird das 1992 gegründete Max Delbrück Center zu 90 Prozent vom Bund und zu 10 Prozent vom Land Berlin.
www.mdc-berlin.de

Osaka University, Germline Genetics in the Department of Genome Biology, Graduate School of Medicine
Unser Ziel ist ein besseres Verständnis der Keimzellen – der einzigen Zellen, die genetische und epigenetische Informationen über Generationen hinweg weitergeben. Dazu gehört es, zu verstehen, wie die Qualität der vererbbaren Informationen in der Keimzellenlinie aufrechterhalten wird; die verschiedenen Mechanismen zu klären, die der Anisogametogenese zugrunde liege;, den Mechanismus für eine nachhaltige Oogenese in den Eierstöcken aufzuklären und neue Technologien zu entwickeln, die die Differenzierung der Keimzellenlinien modellieren.
www.med.osaka-u.ac.jp/eng/introduction/research/genome/germline

Leibniz-Institut für Zoo- und Wildtierforschung (Leibniz-IZW)
Prof. Dr. Thomas Hildebrandt
BioRescue-Projektleiter und Leiter der Abteilung für Reproduktionsmanagement
Tel.: +49 30 5168-440
Email: hildebrandtizw-berlin.de

Dr. Frank Göritz
Leitender Tierarzt des Leibniz-IZW und Wissenschaftler in der Abteilung für Reproduktionsmanagement
Tel.: +49 30 5168-444
Email: goeritzizw-berlin.de

Dr. Susanne Holtze
Wissenschaftlerin in der Abteilung für Reproduktionsmanagement
Tel.: +49 30 5168-436
Email: holtzeizw-berlin.de

Jan Zwilling
Wissenschaftskommunikation
Tel.: +49 30 5168-121
Email: zwillingizw-berlin.de

Avantea
Prof. Cesare Galli
Direktor
Tel.: +39 0372437242
Email: cesaregalliavantea.it

Dr. Silvia Colleoni
Senior-Wissenschaftlerin
Tel.: +39 0372437242
Email: silviacolleoniavantea.it

Safari Park Dvůr Králové
Jan Stejskal
Direktor für Kommunikation und internationale Projekte
Tel.: +42 0608009072
Email: jan.stejskalzoodk.cz

Max Delbrück Center
Dr. Sebastian Diecke
Leiter der Technologie-Plattform „Pluripotente Stammzellen“
Email: sebastian.dieckemdc-berlin.de

Osaka University
Prof. Katsuhiko Hayashi
Professor, Department of Genome Biology, Graduate School of Medicine
Tel.: +81 60 68793900
Email: hayashikgcb.med.osaka-u.ac.jp

University of Padua
Prof. Barbara de Mori
Leiterin des Ethics Laboratory for Veterinary Medicine, Conservation and Animal Welfare, Department of Comparative Biomedicine and Food Science
Tel.: +39 3403747666
Email: barbara.demoriunipd.it

Ol Pejeta Conservancy
Samuel Mutisya
Head of Conservation
Tel.: +254 720 828 231
Email: samuel.mutisyaolpejetaconservancy.org

Kenya Wildlife Service (KWS)
Prof. Erustus Kanga EBS, HSC
Director General
Tel.: +254 20 2379407
Email: directorkws.go.ke; kwskws.go.ke

Wildlife Research and Training Institute (WRTI)
Dr. David Ndeereh
Deputy Director, Research
Tel.: +254 722 556 380
Email: dndeerehwrti.go.ke; david.ndeereh68gmail.com