Pressemitteilung | IZW | 19-09-2023

Colossal Biosciences unterstützt BioRescue bei der Rettung des nördlichen Breitmaulnashorns

Vom nördlichen Breitmaulnashorn gibt es Weltweit nur noch zwei lebende Weibchen. Die Partnerschaft mit Colossal Biosciences könnte dazu beitragen, die genetische Vielfalt einer zukünftigen Population von nördlichen Breitmaulnashörnern mittels musealer Proben wiederherzustellen.

Ein Team von Colossal bei einer BioRescue-Prozedur in der Ol Pejeta Conservancy in Kenia | Foto: Steven Seet, Leibniz-IZW

Dafür hat das amerikanische Unternehmen bahnbrechende Methoden und Techniken entwickelt.

Colossal Biosciences ("Colossal"), das weltweit erste Unternehmen, das sich der Wiederherstellung von Tierarten widmet, unterstützt BioRescue. BioRescue ist ein Konsortium, das die wissenschaftliche Rettung des nördlichen Breitmaulnashorns initiiert hat und durchführt. Unter der Konsortiumsleitung des Leibniz-Institutes für Zoo- und Wildtierforschung (Leibniz-IZW) kommen dabei fortschrittliche Technologien der assistierten Reproduktion, der stammzellbasierten Verfahren und etischen Forschung zum Einsatz. Die Partnerschaft wird einen Plan für künftige Rettungsmissionen gefährdeter Arten entwickeln und dabei das weltweit führende Fachwissen beider Organisationen nutzen.

Um Ansätze und Lösungen für die Verringerung des sechsten Massensterbens von Tierarten liefern zu können, werden BioRescue und Colossal gemeinsam an der Verbesserung, Entwicklung und Umsetzung von Strategien in den Bereichen Artenschutzforschung und Wildtiermedizin arbeiten.

Das nördliche Breitmaulnashorn (Ceratotherium simum cottoni) ist aufgrund von Wilderei in freier Wildbahn ausgestorben. Zu seinen natürlichen Lebensräumen gehören Teile von Uganda, Tschad, Sudan, der Zentralafrikanischen Republik und der Demokratischen Republik Kongo. Aus all diesen Gebieten wurde das charismatische Riesenwirbeltier vor mehr als einem Jahrzehnt vollständig durch den Menschen ausgelöscht. Die einzigen beiden lebenden Weibchen wurden im tschechischen ZOO Dvůr Králové geboren und seit 2009 in Ol Pejeta Conservancy in Kenia bewacht und gepflegt.

Prof. Dr. Thomas Hildebrandt, Projektleiter von BioRescue, Leiter der Abteilung Reproduktionsmanagement am Leibniz-IZW und Mitglied des wissenschaftlichen Beirats von Colossal, hat mehr als 25 Jahre mit der Mission verbracht, die nördlichen Breitmaulnashörner vor dem Aussterben zu retten. Er leitete die wissenschaftlichen Maßnahmen von BioRescue, um Ansätze der synthetischen Biologie zusätzlich zu den bereits vorhandenen genetischen Forschungsansätzen zur Rettung des nördlichen Breitmaulnashorns einzusetzen. „Das Nördliche Breitmaulnashorn ist das seltenste Großsäugetier der Welt und Tausende von Arten sind von seiner Existenz abhängig", sagt Hildebrandt.  „Mit der fortschrittlichen Gentechnologie von Colossal werden wir in der Lage sein, die fehlenden Teile der genetischen Geschichte der Art Stück für Stück zusammenzusetzen. Nach Jahrzehnten der assistierten Reproduktion und Stammzelleninnovationen von Wissenschaftler:innen und Naturschützer:innen freue ich mich, dass die Partnerschaft zwischen Colossal und BioRescue dazu beitragen könnte, eine nachhaltige und genetisch robuste Nördliche Breitmaulnashornpopulation aufzubauen.“

Im Rahmen der neuen Partnerschaft wird die genetische Vielfalt des nördlichen Breitmaulnashorns anhand historischer Proben untersucht, um die Grundlage für ethisch begründete Entscheidungen über eine mögliche Verbesserung der genetischen Variabilität einer künftigen Population des Nördlichen Breitmaulnashorns zu schaffen. Diese bahnbrechende Naturschutzforschungsstrategie wird von einer beispielhaften Transparenz gegenüber der Öffentlichkeit begleitet.

Die Wissenschaft hinter den Wiederherstellungsstrategien

Colossal wird die Rettungsmission unterstützen, indem es Genomsequenzierungs- und Geneditierungsmethoden zur Rettung der bedrohten Arten einsetzt. Der Schwerpunkt der Eingriffe liegt auf der Verbesserung der genetischen Vielfalt in lebenden Zellen und der Abschwächung der Auswirkungen von Krankheiten oder der verlorenen Anpassungsfähigkeit an den Klimawandel.

  • Sequenzierung: Die Partnerschaft wird einen globalen Katalog von Museumsproben nördlicher Breitmaulnashörner aus der Vergangenheit erstellen, einschließlich Knochen, trockener Haut und konservierter Organe und Föten, die zur Extraktion alter DNA verwendet werden können. Die Partner werden somit konservierte Proben erhalten. Alle geeigneten Proben lassen sich dann sequenzieren, um die genetische Vielfalt der Art zu bestimmen.
  • Genetische Bearbeitung: Sobald der Verlust von Genpools in konservierten Exemplaren identifiziert wurde, wird Colossal die identifizierten Sequenzen als Ziele verwenden, um die verlorene Vielfalt in Zelllinien wiederherzustellen, die zur Erzeugung von Embryonen des nördlichen Breitmaulnashorns verwendet werden.
  • Populationsstudie: Das Team wird gemeinsam eine Populationsstudie zur genetischen Vielfalt des südlichen Breitmaulnashorns (Ceratotherium simum simum), dem Schwestertaxon des nördlichen Breitmaulnashorns, durchführen, um die wichtigsten Aspekte einer gesunden Population zu ermitteln. Colossal wird FormBio, seine Technologie-Ausgründung, mit der Durchführung dieser Studie beauftragen. Die vergleichenden genomischen Methoden und Techniken von FormBio ermöglicht es den Wissenschaftler:innen, die DNS und das Genom der Museumsproben mit der heutigen Population des nördlichen Breitmaulnashorns zu vergleichen und die genetische Vielfalt zu ermitteln, die vor dem massiven Rückgang der Art bestand. 

„Wir fühlen uns sehr geehrt, Partner von BioRescue bei der ‚genetischen Rettung‘ zu sein und damit die Möglichkeit zu haben, das nördliche Breitmaulnashorn sowie andere einzigartige Schlüsselarten vor dem Aussterben zu bewahren", sagt Ben Lamm, CEO und Mitbegründer von Colossal. „Wir bei Colossal setzen uns leidenschaftlich für die Erhaltung von Arten ein und wollen im Rahmen unserer Arbeit gegen das Aussterben von Arten unsere Techniken und Werkzeuge für den Naturschutz einsetzen.  Wir schaffen Werkzeuge, die es uns ermöglichen, zu heilen, was verloren gegangen ist, und Ökosysteme wiederherzustellen, die für künftige Generationen nachhaltig sind."

Das Paradoxon des Naturschutzes

Das Tempo des Artenverlusts ist deutlich höher als die Wiederherstellungsbemühungen der klassischen Naturschutzkonzepte. Bis zum Jahr 2050 wird die Menschheit bis zu 50 % der gesamten Artenvielfalt verlieren, wenn sich nichts ändert. Die überwiegende Mehrheit der Naturschutzbemühungen konzentriert sich auf die Erhaltung von Landschaften und die Beendigung der Wilderei. Angesichts der Tatsache, dass es nur noch zwei nördliche Breitmaulnashörner gibt, wird jedoch deutlich, dass fortschrittlichere Technologien zum Schutz dieses Taxons eingesetzt werden müssen. Um den Verlust zu stoppen, werden neue Instrumente und Technologien benötigt. Die Partner entwickeln diese Instrumente, um Ökosysteme und den Naturschutz zu verbessern. 

„Wir sind Herrn Prof. Dr. Hildebrandt und dem BioRescue-Konsortium für das uns entgegengeberachte Vertrauen sehr dankbar, dass wir als Partner Wiedeherstellungstechnologien für die Rettung des nördlichen Breitmaulnashorns zur Verfügung stellen dürfen", sagt Matt James, Leiter Naturschutz und Chef für Tierangelegenheiten bei Colossal. „Wiederherstellung von Tierarten ist ein Innovationsmotor, der zu Werkzeugen führt, die direkt für den Naturschutz anwendbar sind. Gemeinsam mit einigen der führenden Köpfe auf ihrem Gebiet werden wir in der Lage sein, spezifische Erhaltungsprobleme erfolgreich anzugehen und zu beheben - angefangen mit dem nördlichen Breitmaulnashorn."

Die Partnerschaft zwischen Colossal und BioRescue ist der Ausgangspunkt für zukünftige moderne Naturschutznetzwerke, die zur Verbesserung der internationalen Naturschutz- und Naturschutzforschungsorganisationen beitragen werden.

„Das BioRescue-Konsortium ist ein einzigartiges Beispiel mit Modellcharakter für eine umfassende internationale Zusammenarbeit auf gleicher Augenhöhe, an der Spitzenwissenschaftler:innen aus Deutschland, Japan und Italien, Naturschützer:innen in Afrika und Zooexperten aus Europa beteiligt sind. Die Partnerschaft mit Colossal hebt bestehende Naturschutzforschungsansätze auf ein ganz neues Niveau und kann als Vorbild für andere internationale Bemühungen zur Rettung bedrohter Arten dienen", sagt Jan Stejskal, Direktor für internationale Projekte beim ZOO Dvůr Králové und Koordinator der Bemühungen zur Rettung der nördlichen Breitmaulnashörner.

Colossal's Methoden und Techniken für den Naturschutz

Das Naturschutz-Toolkit von Colossal besteht aus einer Reihe von Ressourcen, die das Unternehmen einsetzt, um Partnerorganisationen bei der Erhaltung und Rettung gefährdeter Arten zu unterstützen. Das Unternehmen nutzt sein Fachwissen, um verloren gegangene genetische Vielfalt zu bewahren und die Hardware zu entwickeln, die für die Wiedergeburt und Wiederherstellung von Arten erforderlich ist, um die heutigen Naturschutzforschungsmaßnahmen zu verbessern. Colossal wird sein Forschungswissen aus der synthetischen Genomik für BioRescue bereitstellen und gemeinsam weiterentwickeln.

ÜBER COLOSSAL BIOSCIENCES

Colossal wurde von dem aufstrebenden Technologie- und Softwareunternehmer Ben Lamm und dem weltbekannten Genetiker und Biotech-Unternehmer George Church, Ph.D., gegründet. Colossal entwickelt bahnbrechende Technologien für die Wiederherstellung ausgestorbener Arten, den Schutz vom Aussterben bedrohter Arten und die Wiederbesiedlung kritischer Ökosysteme, die den Fortbestand des Lebens auf der Erde sichern.  Colossal stellt sich der Herausforderung der Menschheit, die Erde in einen gesünderen Zustand zu versetzen und gleichzeitig die zukünftigen wirtschaftlichen und biologischen Notwendigkeiten der menschlichen Existenz durch innovative Wissenschaft und Technologien zu lösen. Weitere Informationen finden Sie unter:
www.colossal.com

ÜBER BIORESCUE

Das BioRescue-Konsortium kombiniert Technologien der assistierten Reproduktion (ART) und stammzellenassoziierte Techniken (SCAT), um das nördliche Breitmaulnashorn vor dem Aussterben zu bewahren. Mit der Unterstützung internationaler Partner:innen will das Konsortium neue wissenschaftliche Naturschutzforschungsansätze entwickeln, um Schlüssel- und Schirmarten zu erhalten. Dies wird zu Blaupausen führen, die von Naturschutzinitiativen auf der ganzen Welt genutzt werden können, um den Verlust der biologischen Vielfalt aufzuhalten und die Ökosystemleistungen für künftige Generationen zu erhalten. Das BioRescue-Konsortium wird vom Leibniz-Institut für Zooforschung (Leibniz-IZW) geleitet. Konsortiumsmitglieder:innen: Leibniz-IZW, ZOO DVůR KRÁLOVÉ (Tschechische Republik), Avantea (Italien), Max-Delbruck-Zentrum für Molekulare Medizin (Deutschland), Universität Osaka (Japan) und Universität Padua (Italien).
www.BioRescue.org

ÜBER DAS LEIBNIZ-INSTITUT FÜR ZOO- UND WILDTIERFORSCHUNG

Das Leibniz-IZW ist ein international renommiertes deutsches Forschungsinstitut im Forschungsverbund Berlin e.V. und Mitglied der Leibniz-Gemeinschaft. Die Aufgabe des Leibniz-IZW ist es, evolutionäre Anpassungen von Wildtieren an den globalen Wandel zu untersuchen und neue Konzepte und Maßnahmen für den Erhalt der Biodiversität zu entwickeln. Um dies zu erreichen, nutzen die Wissenschaftler:innen des Leibniz-IZW ihr breites interdisziplinäres Fachwissen aus Biologie und Veterinärmedizin, um Grundlagen- und angewandte Forschung zu betreiben - von der molekularen bis zur Landschaftsebene - in engem Dialog mit der Öffentlichkeit und Interessengruppen. Darüber hinaus engagiert sich das Leibniz-IZW für einzigartige und hochwertige Dienstleistungen für die wissenschaftliche Gemeinschaft.
www.izw-berlin.de

Über den ZOO DVůR KRÁLOVÉ

Der ZOO Dvůr Králové ist ein Safaripark in der Tschechischen Republik. Er ist einer der besten Nashornzüchter außerhalb Afrikas und der einzige Ort, an dem das Nördliche Breitmaulnashorn in menschlicher Obhut gezüchtet wurde - die beiden verbliebenen Weibchen, Najin und Fatu, wurden hier geboren. Der ZOO Dvůr Králové koordiniert die Bemühungen zur Rettung der nördlichen Breitmaulnashörner.
https://safaripark.cz/

Colossal
E-Mail
Emily.mailaenderrogersandcowanpmk.com
pro-colossalprosek.com

Leibniz-Institut für Zoo- und Wildtierforschung (Leibniz-IZW)
Steven Seet
Leiter der Wissenschaftskommunikation
Tel. 01778572673
E-Mail seetizw-berlin.de

ZOO Dvůr Králové
Jan Stejskal
Direktor für Kommunikation und internationale Projekte
Tel. +420608009072
E-Mail jan.stejskalzoodk.cz