Pressemitteilung | IGB | 28-05-2009

Cyanobakterien in Berliner Seen

Cyanobakterien in Berliner Seen

Wissenschaftler des IGB während einer Informationsveranstaltung zum Thema Cyanobakterien am Müggelsee|Foto: Silke Oßwald

 

Aufklären im kalten Nass: Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler des

Leibniz-Instituts für Gewässerökologie und Binnefischerei (IGB)

stürzten sich heute bei niedrigen Temperaturen und starkem Wind in die

Fluten des Müggelsees.

Mit der Aktion wird vor einer Panik vor Cyanobakterien gewarnt und gleichzeitig dazu aufgefordert, selbst genau hinzuschauen, denn die Wasserqualität kann sich an heißen Tagen stündlich ändern. Anleitungen hierzu gibt es in einem neuen Faltblatt und einer Internetseite.

Vor dem Baden stellten die Wissenschaftler auf einer Informationsveranstaltung im Strandbad Müggelsee die Risiken und Nutzen von Cyanobakterien in Badegewässern vor. Dazu gab es noch Tipps, wie man die Wasserqualität ganz schnell bestimmt:

„Keinesfalls Baden sollte man, wenn man knietief im Wasser steht und die eigenen Füße nicht mehr sehen kann“, sagte Claudia Wiedner, Wissenschaftlerin am Leibniz-Institut für Gewässerökologie und Binnenfischerei (IGB).

Cyanobakterien können sich bei hohen Temperaturen in nährstoffreichen Seen massenhaft vermehren. Einige Arten produzieren giftige Substanzen (Cyanotoxine). Wie bei allen Naturstoffen ist die Giftigkeit eine Frage der Dosis. Nur wenn viele Cyanobakterien auftreten, kann die Konzentration des Giftes so hoch werden, dass eine Gefahr für den Menschen besteht, besonders für Kinder.

Obwohl sich die Wasserqualität in den meisten Seen der Region in den letzten Jahren sichtbar verbessert hat, ist es dennoch wichtig, gut informiert zu sein, um im Ernstfall selber entscheiden zu können, ob das Wasser zum Schwimmen geeignet ist. Ein Faltblatt liegt hierfür an allen Strandbädern aus. Es dient zur Entscheidungshilfe und wurde veröffentlicht von Wissenschaftlern des IGB, der Brandenburgischen Technischen Universität Cottbus, dem Kompetenzzentrum Wasser Berlin, den Berliner Wasserbetrieben, dem Umweltbundesamt und der Berliner Senatsverwaltung für Gesundheit, Umwelt und Verbraucherschutz.

Zum Thema Cyanobakterien gibt es ab heute eine eigens eingerichtete Internetseite www.cyano-berlin.de.

Cyanobakterien sind kleinste Bakterien. Weil sie wie Pflanzen Photosynthese betreiben können, zählten sie früher zu den Algen, daher der veraltete Name „Blaualgen“. Sie gehören zu den Urwesen auf unserem Planeten und kommen seit geschätzten zweieinhalb Milliarden Jahren vor. Ihnen verdanken wir, dass es Sauerstoff in der Atmosphäre gibt. Sie haben also die Grundvoraussetzung für Leben auf der Erde geschaffen.

Cyanobakterien sind auch in unseren Seen und Flüssen ein natürlicher Bestandteil der Lebensgemeinschaften. Ihre Artenvielfalt und Biomasse nimmt mit dem Nährstoffgehalt im Wasser zu. Menschliche Einflüsse wie Überdüngung oder Einleitung von Abwasser haben zu einer Nährstoffanreicherung (Eutrophierung) in vielen Gewässern geführt.

In den vergangenen zwei Jahrzehnten wurde durch Ausbau der Kläranlagen, verminderten Einsatz von Düngemitteln und phosphatfreie Waschmittel der Eintrag von Nährstoffen in die Gewässer stark vermindert. Darüber hinaus wurden in ausgewählten Seen Nährstoffe entfernt oder in eine für Gewässerorganismen nicht verfügbare Form umgewandelt.

Der Erfolg dieser Maßnahmen zeigt sich an einer zunehmenden Anzahl von Seen, deren ökologischer Zustand und damit auch die Badegewässerqualität sich verbessert: Die Biomasse des Phytoplanktons und insbesondere der Cyanobakterien geht erfreulicherweise zurück und damit auch Cyanotoxin-Konzentrationen. In vielen Badeseen sind sie über weite Teile der Badesaison unbedenklich.

Allerdings trifft dies nicht auf alle der mehr als 5.000 Seen in Berlin und Brandenburg zu. Und bei den Seen, die auf dem Weg der Genesung sind, ist dies ein Trend – keine gesicherte Situation. Schwankungen im Aufkommen von Cyanobakterien und -toxinen von Jahr zu Jahr sind nicht vorhersagbar – und schon gar nicht kurzfristige Aufkonzentrationen.

Cyanobakterien freut der Klimawandel: Insbesondere eine Gruppe von Cyanobakterien profitiert von der Erwärmung, die der Nostocales (Stickstofffixierer). Das können sowohl heimische als auch Arten aus tropischen Regionen sein, die sich bis in unsere Seen ausgebreitet haben. Deren Langzeitentwicklung untersuchen derzeit Wissenschaftler unter Federführung des IGB in dem Gemeinschaftsprojekt NOSTOTOX zusammen  mit der BTU Cottbus und dem Umweltbundesamt.

Kontakt:

Nadja Neumann, Tel.: 030/64181631
Pressesprecherin 
Leibniz-Institut für Gewässerökologie und Binnenfischerei (IGB)
Müggelseedamm 310, 12587 Berlin
E-Mail: nadja.neumannigb-berlin.de

 

Claudia Wiedner, Tel.: 033082/69963
Verantwortliche Wissenschaftlerin
Leibniz-Institut für Gewässerökologie und Binnenfischerei (IGB)
Alte Fischerhütte 2, 16775 Stechlin
E-Mail: c.wiednerigb-berlin.de