Angeln ist weit mehr als ein Nischenhobby. Jetzt gibt es einen globalen Weltverhaltenskodex für die Hobbyfischerei. Dieser „Anglerknigge“ umfasst Grundsätze für eine umwelt- und sozialverträgliche Freizeitfischerei.
In Industrienationen sind Angler noch vor der
Berufsfischerei die wichtigsten Nutzer von Binnengewässern. Auch in Entwicklungs-
und Schwellenländern boomt der Sektor. Erstaunlich also, dass es zwar für die
Berufsfischerei weltweit gültige Handlungs- und Bewirtschaftungsempfehlungen
gibt, aber für die Angelfischerei bisher nichts Vergleichbares formuliert wurde.
Um diese Lücke zu füllen, hat die Europäischen
Binnenfischerei-Beratungskommission (EIFAC) kürzlich einen globalen
Weltverhaltenskodex für die Hobbyfischerei vorgelegt. Dieser „Anglerknigge“
umfasst Grundsätze für eine umwelt- und sozialverträgliche Freizeitfischerei. Er
orientiert sich an bereits existierenden, fortschrittlichen Empfehlungen deutscher
und internationaler Anglerverbände und staatlicher Organisationen. Bei der
Entwicklung des Dokuments übernahm Prof. Dr. Robert Arlinghaus vom Berliner
Leibniz-Institut für Gewässerökologie und Binnenfischerei (IGB) die
Federführung.
Die Bedeutung der Hobbyfischerei ist bisher enorm
unterschätzt worden.Ungefähr jeder
zehnte EU-Bürger geht mehr oder weniger regelmäßig in seiner Freizeit auf
Fischfang. Im Jahr 2002 haben rund drei Millionen Deutsche im In- oder Ausland
mindestens einmal zum Vergnügen die Rute ins Wasser gehalten. Hierzulande
hängen rund 52.000 Arbeitsplätze von dem Freizeitfischereisektor ab, bei einem
volkswirtschaftlichen Gesamtnutzen von jährlich 6,4 Milliarden Euro. 45.000
Tonnen Fisch werden jährlich durch Freizeitangler entnommen. Das sind
mindestens sechsmal mehr als durch die Berufsfischerei in Seen und Flüssen.
Trotz ihrer zentralen Bedeutung für die Nutzung, Hege und
Pflege von Gewässern wird die Angelfischerei von der Politik selten als
gleichberechtigter Partner zur Berufsfischerei aufgefasst. So hat sich die
Welternährungsorganisation (FAO) bisher kaum mit dieser besonderen Form der
Gewässernutzung auseinandergesetzt. Auch in der EU-Fischereipolitik findet die
Hobbyangelei erst seit kurzem Beachtung. Und alle internationalen Richtlinien
für eine nachhaltige Fischerei, wie beispielsweise der weltweit anerkannte
FAO-Kodex für verantwortungsvolle Fischerei, setzen Ihren Fokus ausschließlich auf
die marine Berufsfischerei.
Vor
diesem Hintergrund entwickelten Angelfischereiexperten unterschiedlichster
Fachrichtungen aus 17 verschiedenen Ländern den ersten Weltverhaltenskodex für
eine nachhaltige Angelfischerei in Binnen- und Meeresökosystemen. Das nun
vorliegende internationale Dokument für die Angelfischerei enthält sowohl konkrete
Handlungsempfehlungen als auch allgemeine ethische und ökologische Grundsätze
für die Bewirtschaftung. Ähnlich dem FAO Kodex für die Berufsfischerei ist dieser
„Anglerknigge“ rechtlich nicht bindend. Dennoch geben die 13 Artikel eine
wichtige Orientierung sowohl für politische Entscheidungsträger und Fischereiverwaltungen
als auch für Angel- und Naturschutzorganisationen. Das ist vor allem relevant
für Staaten mit einer geringen Tradition im angelfischereilichen Management.
Mit
dem Dokument erhoffen sich die an der Entwicklung beteiligten Wissenschaftler, Regierungsvertreter
und Fischereimanager neben der Förderung eines nachhaltigen Umgangs mit dem Gewässerökosystemen
und den darin beheimateten Fischpopulationen auch eine erhöhte Akzeptanz der
Angelfischerei in fischereipolitischen Kreisen. Die Deutsche Gesellschaft für
Technische Zusammenarbeit (GTZ) hat bereits Interesse am Kodex bekundet, um ihn
gegebenenfalls in der Entwicklungszusammenarbeit zu nutzen. Es bleibt zu
hoffen, dass auch andere Regierungs- und Nichtregierungsorganisationen den
Weltverhaltenskodex für die Freizeitfischerei in ihrer täglichen Arbeit
anwenden.
Informationen:
Der
Verhaltenskodex steht unter http://www.fao.org/docrep/012/i0363e/i0363e00.htm
auf mehreren Sprachen zum Download. Weitere Informationen in Arlinghaus, R.,
Cooke, S.J., Cowx, I.G. 2010. Providing
context to the global code of practice for recreational fisheries. Fisheries
Management and Ecology (online first, DOI: 10.1111/j.1365-2400.2009.00696.x) sowie unter
www.adaptfish.igb-berlin.de.
Vortrag zum Verhaltenskodex am 24.04.2010 von 16-18 Uhr auf
dem Tourismus Forum International, Reisepavillon 2010, Kongress für
nachhaltigen Tourismus
22. - 25. April 2010, Harnack-Haus, Berlin-Dahlem.
Kontakt:
Presse: Nadja Neumann Leibniz-Institut für Gewässerökologie und Binnenfischerei (IGB) Müggelseedamm 310, 12587 Berlin, Phone: +49-30-64181631 E-Mail: nadja.neumannigb-berlin.de, www.igb-berlin.de Wissenschaft: Prof. Dr. Robert Arlinghaus Leibniz-Institut für Gewässerökologie und Binnenfischerei (IGB) Müggelseedamm 310, 12587 Berlin Phone +49-(0)30-64181-653, Fax. +49-(0)30-64181-750 E-Mail: arlinghausigb-berlin.de
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