Pressemitteilung | IGB | 09-03-2010

Der „Anglerknigge“

Angeln ist weit mehr als ein Nischenhobby. Jetzt gibt es einen globalen Weltverhaltenskodex für die Hobbyfischerei. Dieser „Anglerknigge“ umfasst Grundsätze für eine umwelt- und sozialverträgliche Freizeitfischerei. Hier muss auf jeden Fall noch eine Zeile mehr hin.

Der „Anglerknigge“

Angler sind die wichtigsten Nutzer von Binnenfischbeständen.|Foto: Arlinghaus/IGB

 

Angeln ist weit mehr als ein Nischenhobby. Jetzt gibt es einen globalen Weltverhaltenskodex für die Hobbyfischerei. Dieser „Anglerknigge“ umfasst Grundsätze für eine umwelt- und sozialverträgliche Freizeitfischerei.

In Industrienationen sind Angler noch vor der

Berufsfischerei die wichtigsten Nutzer von Binnengewässern. Auch in Entwicklungs-

und Schwellenländern boomt der Sektor. Erstaunlich also, dass es zwar für die

Berufsfischerei weltweit gültige Handlungs- und Bewirtschaftungsempfehlungen

gibt, aber für die Angelfischerei bisher nichts Vergleichbares formuliert wurde.

Um diese Lücke zu füllen, hat die Europäischen

Binnenfischerei-Beratungskommission (EIFAC) kürzlich einen globalen

Weltverhaltenskodex für die Hobbyfischerei vorgelegt. Dieser „Anglerknigge“

umfasst Grundsätze für eine umwelt- und sozialverträgliche Freizeitfischerei. Er

orientiert sich an bereits existierenden, fortschrittlichen Empfehlungen deutscher

und internationaler Anglerverbände und staatlicher Organisationen. Bei der

Entwicklung des Dokuments übernahm Prof. Dr. Robert Arlinghaus vom Berliner

Leibniz-Institut für Gewässerökologie und Binnenfischerei (IGB) die

Federführung.

Die Bedeutung der Hobbyfischerei ist bisher enorm

unterschätzt worden.Ungefähr jeder

zehnte EU-Bürger geht mehr oder weniger regelmäßig in seiner Freizeit auf

Fischfang. Im Jahr 2002 haben rund drei Millionen Deutsche im In- oder Ausland

mindestens einmal zum Vergnügen die Rute ins Wasser gehalten. Hierzulande

hängen rund 52.000 Arbeitsplätze von dem Freizeitfischereisektor ab, bei einem

volkswirtschaftlichen Gesamtnutzen von jährlich 6,4 Milliarden Euro. 45.000

Tonnen Fisch werden jährlich durch Freizeitangler entnommen. Das sind

mindestens sechsmal mehr als durch die Berufsfischerei in Seen und Flüssen.

Trotz ihrer zentralen Bedeutung für die Nutzung, Hege und

Pflege von Gewässern wird die Angelfischerei von der Politik selten als

gleichberechtigter Partner zur Berufsfischerei aufgefasst. So hat sich die

Welternährungsorganisation (FAO) bisher kaum mit dieser besonderen Form der

Gewässernutzung auseinandergesetzt. Auch in der EU-Fischereipolitik findet die

Hobbyangelei erst seit kurzem Beachtung. Und alle internationalen Richtlinien

für eine nachhaltige Fischerei, wie beispielsweise der weltweit anerkannte

FAO-Kodex für verantwortungsvolle Fischerei, setzen Ihren Fokus ausschließlich auf

die marine Berufsfischerei.

Vor

diesem Hintergrund entwickelten Angelfischereiexperten unterschiedlichster

Fachrichtungen aus 17 verschiedenen Ländern den ersten Weltverhaltenskodex für

eine nachhaltige Angelfischerei in Binnen- und Meeresökosystemen. Das nun

vorliegende internationale Dokument für die Angelfischerei enthält sowohl konkrete

Handlungsempfehlungen als auch allgemeine ethische und ökologische Grundsätze

für die Bewirtschaftung. Ähnlich dem FAO Kodex für die Berufsfischerei ist dieser

„Anglerknigge“ rechtlich nicht bindend. Dennoch geben die 13 Artikel eine

wichtige Orientierung sowohl für politische Entscheidungsträger und Fischereiverwaltungen

als auch für Angel- und Naturschutzorganisationen. Das ist vor allem relevant

für Staaten mit einer geringen Tradition im angelfischereilichen Management.

Mit

dem Dokument erhoffen sich die an der Entwicklung beteiligten Wissenschaftler, Regierungsvertreter

und Fischereimanager neben der Förderung eines nachhaltigen Umgangs mit dem Gewässerökosystemen

und den darin beheimateten Fischpopulationen auch eine erhöhte Akzeptanz der

Angelfischerei in fischereipolitischen Kreisen. Die Deutsche Gesellschaft für

Technische Zusammenarbeit (GTZ) hat bereits Interesse am Kodex bekundet, um ihn

gegebenenfalls in der Entwicklungszusammenarbeit zu nutzen. Es bleibt zu

hoffen, dass auch andere Regierungs- und Nichtregierungsorganisationen den

Weltverhaltenskodex für die Freizeitfischerei in ihrer täglichen Arbeit

anwenden.

Informationen:

Der

Verhaltenskodex steht unter http://www.fao.org/docrep/012/i0363e/i0363e00.htm

auf mehreren Sprachen zum Download. Weitere Informationen in Arlinghaus, R.,

Cooke, S.J., Cowx, I.G. 2010. Providing

context to the global code of practice for recreational fisheries. Fisheries

Management and Ecology (online first, DOI: 10.1111/j.1365-2400.2009.00696.x) sowie unter

www.adaptfish.igb-berlin.de.

Vortrag zum Verhaltenskodex am 24.04.2010 von 16-18 Uhr auf

dem Tourismus Forum International, Reisepavillon 2010, Kongress für

nachhaltigen Tourismus

22. - 25. April 2010, Harnack-Haus, Berlin-Dahlem.

Kontakt:

Presse:
Nadja Neumann
Leibniz-Institut für Gewässerökologie und Binnenfischerei (IGB)
Müggelseedamm 310, 12587 Berlin, Phone: +49-30-64181631
E-Mail: nadja.neumannigb-berlin.de, www.igb-berlin.de

Wissenschaft:
Prof. Dr. Robert Arlinghaus
Leibniz-Institut für Gewässerökologie und Binnenfischerei (IGB)
Müggelseedamm 310, 12587 Berlin
Phone +49-(0)30-64181-653, Fax. +49-(0)30-64181-750
E-Mail: arlinghausigb-berlin.de