Pressemitteilung | IGB | 23-10-2023

Die Panke in Berlin: Klimawandel kann Renaturierungserfolge gefährden

Die Panke in Berlin steht beispielhaft für viele urbane Fließgewässer, deren Wasserqualität durch gezieltes Management verbessert werden konnte.

Die Panke in Berlin ist ein typisches Beispiel für einen urban geprägten Fluss. | Foto: Christian Marx

Ein Team unter Leitung der Technischen Universität Berlin (TU Berlin) und des IGB hat untersucht, wie sich der Wasserhaushalt und die Wasserqualität in den letzten 60 Jahren entwickelt haben: Renaturierungsmaßnahmen zwischen 1985 und 1995 haben die chemische Wasserqualität deutlich verbessert. Doch im Klimawandel kann sich diese positive Entwicklung umkehren: Starkregen und Trockenperioden verändern die Chemodynamik des Flusses.

Die Panke ist ein kleiner Fluss, das im Barnim bei Bernau entspringt und in Berlin in die Spree mündet. Von den 29 Kilometern Fließstrecke liegen 20 Kilometer auf Berliner Stadtgebiet. „Stinkepanke“ wurde sie im 19. Jahrhundert genannt, als Industrie und wachsende Siedlungen den Fluss zur Kloake werden ließen. Doch ab den 1980er Jahren ging es mit der Panke stetig bergauf; „Panke 2015“ war das erste gemeinsame Projekt der Länder Berlin und Brandenburg zur Umsetzung der EU-Wasserrahmenrichtlinie. „Seitdem wurde viel in Renaturierungsmaßnahmen investiert, aber die Panke ist und bleibt ein stark urban geprägter Fluss, der vielfältigen menschlichen Einflüssen und Umweltveränderungen ausgesetzt ist“, sagt Dr. Christian Marx, Wissenschaftler an der TU Berlin, der die Studie im Rahmen seiner Promotion durchgeführt hat.  

Das Forschungsteam wertete über 30 Jahre lange Datenreihen zum Hydroklima und über 60 Jahre lange Datenreihen zur Wassermenge und -qualität der Panke aus, um herauszufinden, wie sich die Effekte von Managementmaßnahmen und veränderten Umweltbedingungen auf die Panke auswirkten.

Verbesserung der Wasserqualität durch Renaturierungsmaßnahmen und effizientere Abwasserreinigung

„Obwohl im Unterlauf des Einzugsgebiets immer noch die geklärten Abwässer von rund 700.000 Menschen einfließen und etwa 30 Prozent des Einzugsgebiets landwirtschaftlich genutzt werden, ist die Wasserqualität in Bezug auf Stickstoff-Nährstoffe und Phosphat für ein urbanes Gewässer im Allgemeinen gut bis ausreichend und hat sich an den meisten Standorten im Laufe der Zeit deutlich verbessert“, sagt Prof. Dörthe Tetzlaff, Abteilungsleiterin am IGB und Mitautorin. Die Daten zeigen, dass dies mit Bewirtschaftungsänderungen, Renaturierungsmaßnahmen und einer effektiveren Abwasserreinigung zusammenhängt.

Auch der allgemeine Rückgang des Düngemitteleinsatzes hat zu einer geringeren Nitrat- und Ammoniumbelastung geführt. Diese positiven Entwicklungen zeigten sich insbesondere nach den Maßnahmen zwischen 1985 und 2000, wo Investitionen zur Verbesserung der Wasserqualität von Güteklasse IV auf Klasse II oder besser geführt haben. Mit dem Status Klasse II ist auch das deutsche Ziel zur Erfüllung der chemischen Anforderung der Europäischen Wasserrahmenrichtlinie im Oberlauf erreicht. 

In Trockenzeiten nehmen Ammonium und Phosphat zu, Nitrat ab

Die Langzeitdaten deuten jedoch auch darauf hin, dass sich die Wasserchemie durch die hydroklimatischen Dynamiken wie lange Trockenperioden, wie im Jahr 2018 und Starkregenereignisse, wie im Jahr 2017, wieder verschlechtert hat. „Im Allgemeinen nimmt der Einfluss des Hydroklimas auf die Wasserqualität mit dem Grad der Urbanisierung zu, und zwar von der Quelle bis zur Mündung. Das Hydroklima beeinflusst somit auch die Funktion der Wasseraufbereitung in Kläranlagen. Das kann für einen Fluss wie die Panke, der in Trockenzeiten maßgeblich von geklärtem Abwasser gespeist wird, also eine deutliche Rolle spielen“, erläutert Christian Marx.  

Wenn in Trockenzeiten der Niederschlag fehlt, gelangen Schadstoffe weniger verdünnt in die Kläranlagen. Kläranlagen mit Belebtschlammbehandlung können zwar in Dürreperioden von geringeren Mengen mit längeren Verweilzeiten und höherer biologischer Aktivität profitieren, gleichzeitig steigen jedoch die Ammoniumkonzentrationen, was auf eine Hemmung der Nitrifikation oder einen Konzentrationseffekt schließen lässt. Die erhöhten Ammoniumkonzentrationen sind aber – zumindest bisher – aufgrund der generellen verbesserten Gewässerqualität und Resilienz unbedenklich.

Die Konzentrationen für Phosphat waren während der Extreme – Trockenheit und lange feuchte Perioden – am höchsten. Das ist auf eine veränderte hydrologische Konnektivität, also Verbindung von Land und Wasser, und die stoffspezifischen Fließwege zurückzuführen. Die höchsten Phosphatkonzentrationen während Trockenperioden können beispielsweise mit höheren Orthophosphatkonzentrationen in der Kläranlage in Verbindung gebracht werden.

Die Nitratkonzentrationen waren in Dürreperioden niedriger und in feuchten Perioden höher, aufgrund der unterschiedlichen Mobilität und Konnektivität landwirtschaftlicher Böden mit dem Fließgewässernetz im Einzugsgebiet .

Die Auswirkungen auf die Gewässergüteklassen bewirkten jedoch keine Verschlechterung über Güteklasse II. „Diese Erkenntnisse aus dem Einzugsgebiet der Panke unterstreichen die Bedeutung einer strategischen Anpassung und Verbesserung der Wasseraufbereitung und des Wasserressourcenmanagements, um die Qualität der städtischen Wasserläufe zu verbessern. Sie zeigen auch, wie wichtig langfristige, integrierte Datensätze sind. Daher führen wir unsere detaillierten Prozessuntersuchungen an der Panke auch weiter“, sagt Dörthe Tetzlaff. 

Christian Marx; Doerthe Tetzlaff; Reinhard Hinkelmann; Christopher Soulsby
Effects of 66 years of water management and hydroclimatic change on the urban hydrology and water quality of the Panke catchment, Berlin, Germany
Science of the Total Environment. - 900(2023), Art. 165764, doi.org/10.1016/j.scitotenv.2023.165764

Leibniz-Institut für Gewässerökologie und Binnenfischerei
Ökohydrologie und Biogeochemie
Prof. Dr. Dörthe Tetzlaff
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