Pressemitteilung | IZW | 05-01-2011

Gefangene der Nacht: Warum Fledermäuse nachtaktiv sind

Fledermäuse brauchen am Tag mehr Energie und überhitzen sehr stark. Darüber berichten Forscher des Leibniz-Instituts für Zoo- und Wildtierforschung in der aktuellen Ausgabe von Proceedings of the Royal Society B.

Gefangene der Nacht: Warum Fledermäuse nachtaktiv sind

Nächtlicher Anflug einer tropischen Blattnasenfledermaus an eine Frucht. Warum suchen Fledermäuse nicht tagsüber Nahrung?|(Copyright: Christian Voigt wegen Urheberrechten kontaktieren: 030-5168-517)

 

Fledermäuse sind nachtaktiv, Vögel tagaktiv. Diese Regel trifft für nahezu alle Vertreter der beiden Wirbeltiergruppen zu. Nur, warum ist das so? Vögel orientieren sich hauptsächlich mit ihrem Sehsinn und haben deshalb in der Dunkelheit der Nacht Schwierigkeiten, sich zurecht zu finden. Aber Fledermäuse können sowohl sehen als auch Echo orten. Beide Sinne sollten sie in die Lage versetzen, auch am Tag erfolgreich zu sein. Demzufolge sind es nicht die Sinne, die Fledermäuse von der Eroberung der Luft am Tag ausschließen.

Forscher des Leibniz-Instituts für Zoo- und Wildtierforschung in Berlin haben nun herausgefunden, dass thermische und energetische Besonderheiten Fledermäuse in die nächtliche Nische zwingen. Vergleichende Messungen der Körpertemperatur und der „Flugkosten“ am Tag und in der Nacht zeigten, dass Fledermäuse am Tag potenziell überhitzen und zudem mehr Energie im Flug verbrauchen als in der Nacht. Dr. Christian Voigt, der Leiter des Forschungsprojekts, erklärt: „Fledermäuse haben im Gegensatz zu Vögeln kein isolierendes Gefieder. Sie können sich also nicht vor dem Wärmeeintrag der Sonnenstrahlen schützen. Die Flughaut der Fledermausflügel ist nackt, dunkel und mit Blutgefäßen durchzogen. Deshalb funktioniert sie als großer Wärmekollektor. Die mit den Flügeln eingefangene Energie können Fledermäuse nicht ausreichend ableiten und deshalb würden sie überhitzen, wenn sie tagsüber fliegen“. Wie Voigt und Lewanzik im Fachjournal Proceedings of the Royal Society B weiter ausführen, könnten Fledermäuse ihren Flügelschlag im Tagesflug verändern, um den Wärmeeintrag zu reduzieren. Dies würde ihren Flug jedoch ineffizient machen und somit höhere energetische Kosten nach sich ziehen.

Interessanterweise fanden die Forscher heraus, dass die Körpertemperatur von Fledermäusen bei kurzen Tagesflügen zwar ansteigt, aber keine kritischen, gesundheitsgefährdenden Höhen erreicht. Deshalb, so argumentieren die Autoren, könnten Fledermäuse potenziell tagaktiv werden. Da sie jedoch im Vergleich zu Vögeln höhere Flugkosten haben, sind sie dieser anderen Wirbeltiergruppe in der Konkurrenz um die gleichen Nahrungsressourcen unterlegen. Den Nachteil einer Wärme absorbierenden Flughaut machen Fledermäuse mit ihrer ausgezeichneten Echoortung wett. Diese befähigte sie im Laufe der Evolution, ihre Aktivitätsphase in die Nacht zu verlagern. Damit waren sie höchst erfolgreich: Fledermäuse sind die zweitartenreichste Säugetiergruppe und stellen in den Tropen die dominierende Säugetiergruppe dar. Und dies obwohl sie nur nachtaktiv sind.

Originalarbeit: doi:10.1098/rspb.2010.2290

Voigt, C.C., Lewanzik, D. (2011) Trapped in the darkness of the night: Thermal and energetic constraints of daylight flight in bats. Proceedings of the Royal Society of London: Biological Sciences.

Kontakt:

Dr. Christian Voigt, Leibniz-Institut für Zoo- und Wildtierforschung, Tel.: 030 5168 517, voigt@izw-berlin.de