Pressemitteilung | MBI | 28-11-2013

Gefangenschaft entscheidet das Elektronen Rennen

Ultrakurze Lichtblitze mit der richtigen Energie können auf ein in einem Fullerenkäfig eingeschlossenes Atom gestrahlt werden ....

Gefangenschaft entscheidet das Elektronen Rennen

Bildunterschrift unter der Pressemeldung.|Abb: MBI

 

Ultrakurze Lichtblitze mit der richtigen Energie können auf ein in einem Fullerenkäfig eingeschlossenes Atom gestrahlt werden, um Elektronen aus verschiedenen Quantenzuständen herauszukicken. Jüngst wurde theoretisch demonstriert, dass es aufgrund dieser Gefangenschaft des Atoms zu einer spektakulären Bevorzugung kommt: Ein Elektron entkommt schneller aus dem Käfig als das andere. Für freie Atome ist die verzögerte Antwort verschiedener austretender Elektronen auf das eingestrahlte Licht bekannt. Aber ist dieses Verhalten auch dann richtig, wenn das Atom innerhalb eines Fullerens gefangen gehalten wird? Jüngst wurde ein Versuch unternommen, diese Frage für ein in C60 eingeschleustes Argon Atom zu beantworten.

Wenn Licht mit genug Energie auf ein Material auftrifft, wird Energie vom Licht in das Material transferiert, worauf anschließend Elektronen aus verschiedenen Quantenzuständen aus dem Material herausgekickt werden. Bis vor kurzem war es allerdings nicht möglich den Zeitpunkt der Lichtabsorptiondes Lichts von dem Material zu bestimmen, d.h. ob die Reaktionszeit auf die Lichtabsorption endlich ist, was zu einer Verzögerungszeit in der Photoemission führen würde, oder ob der Ausstoß des Photoelektrons instantan erfolgt. Mit dem gewaltigen technologischen Fortschritt im Erzeugen von ultrakurzen Lichtblitzen im Attosekunden Bereich (1 as = 10-18 s), wird die Untersuchung verschiedener langjähriger fundamentaler Fragestellungen über die dynamischen Aspekte der Photoemission in Echtzeit möglich. In Experimenten wurde eine endliche Verzögerungszeit der Photoemission aus verschiedenen Quantenzuständen in freien Atomen gemessen. Die gemessene Verzögerungszeit variiert mit der Energie der auftreffenden Lichtblitze und könnte zig-Attosekunden betragen. Das allgegenwärtige Verständnis dieser Messungen ist der dominante Einfluss von Elektronenkorrelation auf die Verzögerungszeit der ausgestoßenen Elektronen. Somit wird der komplexen Wechselwirkung zwischen den Elektronen die endliche Verzögerungszeit zugeschrieben. Die Modelierung solcher komplexer elektronischer Wechselwirkungen und somit die Abschätzung der endlichen Verzögerungszeit während der Photoemission ist sehr anspruchsvoll. Somit haben eine Reihe von provokativen Experimenten, sowie theoretische Arbeiten die Fragestellung der endlichen Verzögerungszeit in der Photoemission in den Fokus gerückt.

In einer in Physical Review Letters [111, 203003 (2013)] http://link.aps.org/doi/10.1103/PhysRevLett.111.203003 erschienenen Arbeit haben ein internationales Team von Theoretikern aus Qatar, aus den USA und aus dem Max-Born- Institut, Berlin, versucht diese kontroverse Diskussion über die endliche Verzögerungszeit der Photoemission im freien Argon-Atom beizulegen (siehe Abbildung 1). In der von Gopal Dixit angeleiteten Arbeit wurde zeitabhängige Dichtefunktionaltheorie benutzt, um die Verzögerungszeit zwischen den 3s und 3p Quantenzuständen im Argon-Atom abzuschätzen. Die abgeschätzte Verzögerungszeit hängt mit der Ableitung der Quantenphase der komplexen Photoionisierungs-Amplitude nach der Energie zusammen. Nachdem die Wichtigkeit von Elektronenkorrelation für die Abschätzung der Verzögerungszeit in einem freien Atom gezeigt wurde, ist es von spontanem Interesse diese Untersuchungen auf Atome, welche in einer bestimmten Umgebung eingesperrt sind, zu erweitern. Ein hervorragendes natürliches Labor für solche Untersuchungen ist ein Atom, welches endohedral in einem Fullerenkäfig gefangen ist (siehe Abbildung 2). Es gibt zwei triftige Gründe für diese Wahl: (i) solche Materialen sind sehr stabil, können kostengünstig bei Raumtemperatur aufbewahrt werden und die Synthese solcher Materialen wird stetig verbessert; und (ii) es wird erwartet, dass die Korrelation des zentralen Atoms mit den Elektronen des umgebenden Käfigs einen spektakulären Einfluss auf die Photoionisierung der atomaren Valenzelektronen hat.

Die örtliche und energetische Nähe des äußeren Elektrons des Argon-Atoms zu einem C60 Elektron führt zur Bildung zweier Ar-C60 Hybrid-Elektronen. Es wurde signifikante Grundzustands-Hybridisierung von Ar 3p mit dem C60 3p Orbital gefunden, was zur Bildung einer symmetrischen und anti-symmetrischen Wellenfunktion führt. Diese Überlappungen sind entscheidend, da die Struktur einer symmetrischen Wellenfunktion derjenigen einer anti-symmetrischen Wellenfunktion über die Region der C60 Schale entgegengesetzt ist, wo beide einen großen Überlapp mit einer Schar von C60 Wellenfunktionen aufweisen, und somit Korrelationen aufbauen können. Diese entgegengesetzten Formen des Überlapps vom einen Hybrid zum anderen kehrt die Phasen Änderungs-Richtung zwischen zwei Hybrid 3p Emissionen um das entsprechende Cooper Minumum herum um. Als Ergebnis ist die höchste Verzögerung des antisymmetrischen Elektrons näherungsweise doppelt so groß wie der maximale Vorsprung (negative Verzögerung) des symmetrischen Elektrons. Durch die Korrelationen mit den Elektronen des Fullerens entkommt ein Hybrid schneller als der Andere, nämlich um ca. 100 Attosekunden nach der Wechselwirkung mit den ultrakurzen Lichtblitzen (siehe Abbildung 3). Der Ursprung eines solchen verblüffenden Verhaltens ist in dem Erhalt der Quanten-Phase begründet. Eine Analogie besteht in der Impulserhaltung bei der Kollision zweier Teilchen, aber in der Zeitdomäne. Die hier vorgestellte Forschung versucht zwei scheinbar unterschiedliche Gebiete aus gegenwärtiger Attosekunden-Wissenschaft und Nanotechnologie zu verbinden und soll die Entwicklung und den Bau ultraschneller Lichtsensoren motivieren, wo die Reaktionszeit von Nanomaterialien auf Licht im Attosekunden-Bereich liegt.

Bild oben: Relative Verzögerungszeit zwischen den 3s und 3p Quantenzuständen des freien Argon-Atoms und der Vergleich mit experimentellen Daten bei drei experimentellen Energien. Da alle ausgestoßenen Photoelektronen am Detektor gesammelt werden, muss die Netto 3p Verzögerung eine statistische Kombination sein, d.h. die Summe der Verzögerungen, welche durch die Verzweigungsverhältnisse der Querschnitte der jeweiligen Photokanäle gewichtet werden. Die Einbeziehung von 3p→ks mitsamt 3p→kd (violette Kurve) auf diese Art und Weise, führt zu einer bemerkenswerten Änderung der Form der relativen Verzögerung in der Nähe des 3p Cooper Minimums.

 

Gopal2Schematische Darstellung eines endohedral in C60 eingeschlossenen Argon-Atoms. Berechnet wird der Einfluss dieser Gefangenschaft und der Elektronenkorrelationen auf die relative Verzögerungszeit zwischen der atomaren Photoemission aus den Quantenzuständen 3s und 3.

 

Gopal3Relative Verzögerung zwischen dem 3s und dem Hybrid 3p Quantenzustand (symmetrisch, schwarze Kurve; und anti-symmetrisch, rote Kurve) einschließlich der s-Wellen Kontribution und sein Vergleich mit der relativen Verzögerung im freien Argon-Atom (violette Kurve).

Kontakt:

Dr. Gopal Dixit, +49-30 6392-1213