Pressemitteilung | FMP | 16-12-2025

Geflecht der Tight Junctions: Wie die Niere den Calciumfluss steuert

Forschende haben einen bisher unbekannten Mechanismus identifiziert, mit dem die Niere die Ausscheidung von Calcium präzise steuert.

CLDN14 verdrängt CLDN16 in Tight Junctions der Nierentubuli

CLDN14 verdrängt CLDN16 in Tight Junctions der Nierentubuli und reduziert so bei erhöhtem Blut-Calcium die parazelluläre Ca²⁺-Rückresorption. | Copyright: Rozemarijn van der Veen

Dabei spielt das Claudin-14 Protein eine Schlüsselrolle: Es verdrängt das parazelluläre Transportprotein Claudin-16 in den sogenannten Tight Junctions der Niere und beeinflusst so maßgeblich den Calciumfluss. Die Ergebnisse wurden in der renommierten Fachzeitschrift PNAS veröffentlicht.

Der Körper ist auf eine stabile Calcium-Homöostase angewiesen, die wesentlich durch die Niere reguliert wird. Epithelzellen bilden enge Verbindungen, sogenannte Tight Junctions, welche den parazellulären Transport von Stoffen – also dem Transport zwischen den Zellen - kontrollieren. In einem speziellen Segment der Niere, dem „thick ascending limb“ (dicker, aufsteigender Ast) ermöglichen Kopolymere aus Claudin-Proteinen Claudin-16 und Claudin-19 den Rücktransport von Calcium aus dem Urin zurück ins Blut. 

Erhöhte Calciumspiegel im Blut führen zur Aktvierung des Calciumsensor-Rezeptors, der wiederum die Expression von Claudin-14 erhöht. Claudin-14 stört die Calcium-Leitfähigkeit des Claudin-16/19 Kopolymers wodurch mehr Calcium über den Urin ausgeschieden wird. Dieser Mechanismus schützt vor zu hohen Calciumwerten im Körper. Gleichzeitig ist bekannt, dass genetische Varianten von Claudin-14 das Risiko für Nierensteinerkrankungen erhöhen können.

Forschende um Rozemarijn van der Veen, Marie Bieck, Nacéra Mezouar, Volker Haucke und Martin Lehmann vom Leibniz-FMP sowie Henrik Dimke von der Universität in Süd-Dänemark in Odense nutzten modernste Mikroskopieverfahren, darunter die hochauflösende STED-Mikroskopie, sowie Zell- und Mausmodelle, um die dynamische Umgestaltung der Tight Junctions sichtbar zu machen und zu erforschen. Sie zeigen erstmals, dass Claudin-14 bevorzugt mit Claudin-19 Polymerstrukturen bildet und so den Platz von Claudin-16 über einen Zeitraum von mehreren Tagen einnimmt.

Damit konnten die Forschenden einen neuen Mechanismus aufzeigen, wie sich die Zusammensetzung der Claudin-Proteine in den Tight Junctions flexibel anpasst, wodurch die Nieren-Calcium-Ausscheidung reguliert wird.

Diese Erkenntnisse liefern wertvolle molekulare Einblicke in die Regulation der Calcium-Homöostase der Niere und eröffnen neue therapeutische Perspektiven zur Behandlung von Nierensteinleiden und Störungen des Calciumstoffwechsels.

Rozemarijn van der Veen, Marie Bieck, Nacéra Mezouar, Volker Haucke, Henrik Dimke, Martin Lehmann, Control of renal calcium permeability via a tight junctional claudin switch, PNAS, 122 (49), 2025.
DOI: https://doi.org/10.1073/pnas.2512046122 

Leibniz-Forschungsinstitut für Molekulare Pharmakologie 

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