Pressemitteilung | IGB | 27-02-2024

Gruppenjagd mit Ampel

Farbwechsel der Körperstreifen verhindert, dass Marline sich gegenseitig verletzen

Gestreifte Marline jagen in der Gruppe Schwärme kleiner Fische | Foto: Nick Price für Costa Sunglasses

Der Gestreifte Marlin gehört zu den größten und schnellsten Raubfischen der Meere. Diese Art jagt in Gruppen kleine Fischschwärme, wobei ihr der lange, speerartige Maulfortsatz hilft. Eine Studie des Exzellenzclusters „Science of Intelligence (SCIoI)“ mit der Humboldt-Universität zu Berlin (HUB) und dem IGB haben eine mögliche Erklärung dafür, wie die Marline die rasante Abfolge ihrer Angriffe koordinieren, ohne sich dabei gegenseitig zu verletzen. Der Schlüssel dazu sind ihrer Erkenntnis nach schnelle Farbwechsel – wie bei einer Ampel. Helle Körperstreifen signalisieren: „Jetzt bin ich mit Jagen dran.“

Gestreifte Marline gehören zu den schnellsten Fischen im Meer . In Gruppen greifen sie abwechselnd große Schwärme pazifischer Sardinen mit Hilfe ihres speerartigen Fortsatzes am oberen Maul an.  Wie sie diese Hochgeschwindigkeitsjagd koordinieren, ohne sich gegenseitig zu verletzen, fasziniert Biolog*innen und Naturliebhabe*innen seit langem. Das Forschungsteam hat nun einen einen möglichen Hinweis gefunden.

Helle Streifen, dunkle Streifen

Das Forschungsteam des Exzellenzclusters „Science of Intelligence“ untersucht schon seit einiger Zeit das Gruppenverhalten von Marlinen und ihren Beuteschwärmen, da sich an diesen komplexen tierischen Interaktionen viele Grundprinzipien der kollektiven Intelligenz und des Schwarmverhaltens studieren lassen. Bei der Auswertung von Drohnenvideos stellten die Forschenden etwas Unerwartetes fest: Die Körperstreifen einzelner Marline wurden deutlich heller, wenn der Fisch zum Angriff überging. Schwamm er nach dem Angriff davon, wurden die Streifen wieder dunkler. Ändern die Fische ihre Farbe, um miteinander zu kommunizieren?

Um diese Frage zu untersuchen, analysierten die Forscher*innen 12 hochauflösende Videoclips, die jeweils zwei separate Angriffe zweier verschiedener Marline auf einen Sardinenschwarm zeigten. Außerdem quantifizierten sie den Kontrast der Körperstreifen der beiden angreifenden Marline im Vergleich zu einem zufällig ausgewählten Marlin, der nicht angegriffen hatte. Ihre Analyse bestätigte, dass Raubfische ihre Farbe vor und nach einem Angriff blitzschnell ändern. Das deutet darauf hin, dass dies ein zuverlässiges Signal für ihre Artgenossen sein könnte, um einen Angriff anzukündigen und zu beenden.

Eine Ampel für Artgenossen

Beim Gestreiften Marlin erfolgt die Farbänderung durch die Freilegung so genannter Iridophoren, die zu einem Wechsel von blaugrauen zu sehr kontrastreichen Körperstreifen führen. Es ist zwar bekannt, dass Marline ihre Farbe ändern können. Neu ist aber, dies mit der Jagd oder sozialem Verhalten in Verbindung zu bringen. „Farbwechsel bei Raubfischen sind selten, besonders bei solchen, die in Gruppen jagen. In diesem Fall scheint der Farbwechsel wie eine Ampel für Artgenossen zu wirken. Etwa so: Stopp, jetzt bin ich mit Jagen dran", sagt die Forscherin Alicia Burns von der Humboldt-Universität zu Berlin, Hauptautorin der Studie.

Die Entdeckung deutet darauf hin, dass Marline über komplexere Kommunikationswege verfügen als bisher angenommen. „Womöglich erfüllt die Farbveränderungen sogar einen doppelten Zweck, nämlich die Beute zu verwirren“, ergänzt IGB-Forscher Matthew Hansen, der die Studie geleitet hat. Das Team möchte nun herausfinden, ob Marline ihre Farbwechsel-Fähigkeiten auch in anderen Zusammenhängen einsetzen; und ob sie auch bei der Einzeljagd ihre Farbe ändern und wie sich diese Änderungen auf ihre Beute auswirken.

Nach ihrer Entdeckung haben die Forschenden ähnliche Farbwechsel auch bei anderen räuberischen Fischarten festgestellt: „Wir haben bereits Aufnahmen vom Jagdverhalten von Segelfischen und Mahi Mahi, bei denen wir einen noch ausgeprägteren und variableren Farbwechsel als beim Marlin beobachten konnten", sagt IGB-Forscher Prof. Dr. Jens Krause, einer der Leiter des Exzellenzclusters und Mitautor der Studie.

Leibniz-Institut für Gewässerökologie und Binnenfischerei
Biologie der Fische, Fischerei und Aquakultur
Prof. Dr. Jens Krause
Tel.: 030 64181-610
E-Mail: jens.krauseigb-berlin.de

Dr. Matthew James Hansen
E-Mail: mjhansen.scigmail.com