Pressemitteilung | FVB | 14-05-2002

Hans-Olaf Henkel: "Berliner Senat spart an der falschen Stelle und untergräbt die Zukunftsfähigkeit der Stadt"

 

 

Die gemeinschaftsfinanzierten Berliner Leibniz-Institute bringen Geld, Arbeitsplätze und Unternehmensansiedlungen in die Stadt

 

Die für 2002 und die Folgejahre vorgesehenen Einsparungen im Berliner Forschungsbereich konterkarierten die wissenschafts- und forschungspolitischen Zielsetzungen der Bundesregierung, warnt Hans-Olaf Henkel. Sie liefen zudem der Stärkung der Innovationskraft der Neuen Länder zuwider. Deshalb erwartet der Präsident der Leibniz-Gemeinschaft von der morgigen gemeinsamen Sitzung des Bundeskabinetts und des Berliner Senats klare Forderungen der Bundesvertreter an die Landesregierung, aber auch eigene Initiativen der Berliner Seite, um die Leistungsfähigkeit der Berliner Leibniz-Institute zu sichern:

 

"Der Bereich der gemeinsamen Forschungsförderung muss von den Berliner Sparmaßnahmen ausgenommen werden", fordert Henkel. "Der Bund hat ein nachdrückliches Interesse an den Instituten der Leibniz-Gemeinschaft. Das muss er jetzt deutlich machen. Es geht nicht an, dass der Senat mit seiner Sparpolitik diese Institute behandelt, als seien sie allein Sache des Landes Berlin", betont Henkel. Voraussetzung für die gemeinsame Finanzierung der Leibniz-Institute durch Bund und Länder (in der Regel 50:50) ist ihre überregionale Bedeutung und das gesamtstaatliche wissenschaftspolitische Interesse an ihrer Arbeit. Beide Bedingungen erfüllen die Berliner Leibniz-Institute vorbildlich. Das haben unabhängige Experten des Wissenschaftsrates in den letzten Jahren mehrfach bestätigt und den Instituten exzellente Noten ausgestellt.

 

Gegenwärtig im Gespräch ist die Übernahme von Berliner Kultureinrichtungen (zum Beispiel die Museumsinsel) in die Obhut des Bundes, um den Landeshaushalt zu entlasten. "Wenn der Bund das tut, dann sollte er Berlin die Verpflichtung abnehmen, den Spielraum im Etat nur zur Sicherung der gemeinschaftsfinanzierten Forschungseinrichtungen einzusetzen."

Henkel verweist auf die ökonomischen Effekte der von ihm vertretenen Forschungseinrichtungen für Berlin: "Die 13 Berliner Leibniz-Institute bringen auf Grund der Gemeinschaftsfinanzierung durch den Bund und die Länder sowie durch ihre erfolgreiche Drittmitteleinwerbung rund viermal soviel Geld in die Stadt als sie Berlin kosten. Sie arbeiten in den für die Wettbewerbsfähigkeit des Technologiestandorts Berlin maßgeblichen Kompetenzfeldern, schaffen durch Drittmittel zusätzlich hochqualifizierte Arbeitsplätze und bieten die Grundlage für Unternehmensansiedlungen, zum Beispiel in Adlershof und Buch.“

 

Trotzdem sieht der Haushaltsentwurf des Senats für die Berliner Leibniz-Institute im laufenden Jahr eine Reduzierung des von der Bund-Länder-Kommission für Bildungsplanung und Forschungsförderung (BLK) unter der Mitwirkung Berlins festgestellten Zuwendungsbedarfs auf das Niveau von 2001 und weitere Kürzungen in den Folgejahren vor. Gerade aus dem Verständnis für die prekäre Finanzsituation der Stadt beurteilt Henkel diese Sparbeschlüsse als einen Akt "überproportional wirksamer Selbstverstümmelung".

Schlimmer noch: Die Sparpolitik des Senats gefährde, so Henkel, nicht nur die Berliner Forschungseinrichtungen, sondern wegen des wachsenden Glaubwürdigkeits- und Ansehensverlustes der Stadt das bundesweite System der Gemeinschaftsfinanzierung von Forschung insgesamt, von der Berlin zuallererst profitiert. Deutliche Warnungen in diese Richtung erhob erst kürzlich der Generalsekretär der BLK, Jürgen Schlegel. "Deutschlands Zukunft liegt in der Forschung - und das gilt ganz besonders auch für Berlin", stellt Henkel fest. Der Berliner Senat müsse endlich umdenken. "Das muss beim Regierenden Bürgermeister anfangen, der mit dem Kompetenz- und Zukunftspotenzial der Forschungseinrichtungen Werbung machen muss, anstatt dessen weitere Schwächung zuzulassen", mahnt Henkel.

 

Der Präsident der Leibniz-Gemeinschaft unterstützt darüber hinaus nachdrücklich die Schaffung eines nationalen Forschungspaktes, die der Baden-Württembergische Ministerpräsident Erwin Teufel Anfang Mai gefordert hatte. Teufel hatte davor gewarnt, dass "einzelne Länder versuchen, ihre Haushaltslage auf Kosten der Forschung zu verbessern" und damit die Chancen Deutschlands im Wettlauf um die Technologien der Zukunft kaputt machen.

 

Zur Wissenschaftsgemeinschaft Gottfried Wilhelm Leibniz gehören 79 außeruniversitäre Forschungsinstitute, davon 13 in Berlin mit 2100 Mitarbeitern. Da sie Vorhaben im gesamtstaatlichen Interesse betreiben, werden sie von Bund und Ländern gemeinsam gefördert. Alle Institute stellen sich in regelmäßigen Abständen einer strengen unabhängigen Qualitätsbewertung.

 

Kontakt:
Dr. Frank Stäudner, Tel. 030/20 60 49 42, Fax 030/20 60 49 55, Email
Juliane Andersohn, Tel. 030/63 92 33 32, Fax 030/63 92 33 33, Email