Mit einem neuen Mechanismus zur
Laser-Ionenbeschleunigung konnten Physiker des Berliner Max-Born
Instituts zusammen mit Wissenschaftlern des Max-Planck Instituts für
Quantenoptik in Garching und der Ludwig-Maximilians-Universität München
Teilchen 40fach effizienter beschleunigen als bisher. Sie nutzten dafür
den Lichtdruck, also den direkten Impulsübertrag zwischen Laserfeld und
Materie - ein Mechanismus, der seit langem vorhergesagt worden war.
Die Energie der beschleunigten
Teilchen konnte dabei um ein Vielfaches gesteigert werden. Damit kommen
die Physiker dem Konzept eines kostengünstigen kompakten
Laser-Teilchenbeschleunigers, zum Beispiel für die medizinische
Tumorbestrahlung, einen großen Schritt näher.
Licht ist selbst für Physiker
ein wundersamer "Stoff". Es besteht aus Photonen, den Elementarteilchen
des Lichts, die keine Masse haben, aber Energie und Impuls besitzen und
niemals in Ruhe sein können. Sie bewegen sich stets mit der größten im
Universum möglichen Geschwindigkeit. Treffen sie irgendwo auf, gibt es
zwei Möglichkeiten: Entweder sie geben ihre Energie ab und werden dabei
vernichtet oder sie werden reflektiert und übertragen ihren Impuls in
Form eines Rückstoßes. Letzteres Phänomen bezeichnet man als Lichtdruck.
Er ist bei normalen Lichtintensitäten kaum beobachtbar: Ein Spiegel
bewegt sich durch den Lichtdruck bekanntlich nicht. Lediglich im
Weltraum erfahren Satelliten über lange Zeiten tatsächlich eine messbare
Ablenkung durch das Sonnenlicht. Im Innern der Sonne sind die
Verhältnisse ganz anders: Hier ist die Lichtintensität so gewaltig, dass
der Lichtdruck in der Lage ist, die ungeheure Schwerkraft auszugleichen
- ohne ihn würde unsere Sonne unter ihrem eigenen Gewicht einfach in
sich zusammenfallen.
Moderne Laser können
Lichtintensitäten erzeugen, die noch um ein Vielfaches stärker sind als
im Innern der Sonne. Auf eine reflektierende Materieschicht wirkt der
Rückstoß eines Laserpulses wie ein urgewaltiger Hammer, der
resultierende Druck ist der größte, den man künstlich erzeugen kann. Ist
die reflektierende Materieschicht nur wenige Atomlagen dick und nicht
größer als der Durchmesser des fokussierten Laserstrahls, also nur
wenige tausendstel Millimeter, dann erfährt sie die größtmögliche
Rückstoßbewegung - fertig ist der Laserbeschleuniger. In der Tat wird
dieser Mini-Spiegel während der ultrakurzen Pulsdauer des Lasers fast
bis auf Lichtgeschwindigkeit beschleunigt. Mit konventionellen Verfahren
bräuchte man dafür Beschleuniger von etlichen hundert Metern oder gar
Kilometern Länge.
Entscheidend für die Umsetzung
dieses Konzeptes sind ultradünne Diamantfolien - eine Spezialität der
Münchner Kooperationspartner. Die Folien sind auch bei nur wenigen
Nanometern Dicke noch ausreichend reißfest um sich selbst zu tragen. Und
sie müssen unversehrt bleiben, bis das Maximum des Laserpulses sie
erreicht. Sendet der Laser auch nur wenige Milliardstel seiner
Intensität kurz vor dem Hauptpuls aus, was bei den meisten Lasern
unvermeidlich ist, so werden sie einfach verdampft und der Hauptpuls
findet keine reflektierende Oberfläche, die zu beschleunigen wäre. "Die
Erzeugung höchster Laserintensitäten mit weltweit höchster Pulsqualität
ist eine Spezialität des Max-Born-Instituts" sagt Sven Steinke, der am
MBI im Rahmen seiner Doktorarbeit zum Thema Laserbeschleunigung forscht.
Damit waren alle Voraussetzung
gegeben, das neue Beschleunigungskonzept erstmals erfolgreich im
Experiment auszuprobieren. Die so erzeugten Ionenstrahlen haben eine
höhere Energie als mit bisherigen Methoden und weisen eine sehr scharfe
Energieverteilung auf. Außerdem wird die Laserenergie besonders
effizient - etwa 40-mal effizienter als bisher - in Energie der Ionen
umgesetzt.
Mit den Experimenten konnten die
Forscher eine bereits bestehende Theorie untermauern, wie sich
monoenergetische Ionenstrahlen erzeugen lassen. Diese theoretischen
Arbeiten beschäftigen sich auch mit der Skalierbarkeit des Prozesses. So
wird eine quadratische Abhängigkeit der Ionenenergie von der
Laserintensität erwartet, im Vergleich zu einer linearen im
"klassischen" Beschleunigungsfall. "Das bedeutet, man kann wesentlich
höhere Ionenenergien bei gleicher Laserintensität erwarten" so Steinke.
Dies ist wesentlich bei der Planung neuer und größerer Laseranlagen und
auch für die Realisierbarkeit medizinischer Laser-Ionenquellen, da hier
gewisse Mindestenergien und eine monoenergetische Energieverteilung
nötig sind. Diese Parameter sind entscheidend, wenn es darum geht
Ionenstrahlen beispielsweise für die Tumortherapie einzusetzen.
Originalarbeit:
Phys. Rev. Lett. 103 (24), 245003(2009)
Kontakt:
Sven Steinke, Max-Born-Institut, Tel.: 030 6392 1318, E-Mail: steinkembi-berlin.de |