Pressemitteilung | MBI | 29-12-2009

Lichtdruck beschleunigt Ionen

Mit einem neuen Mechanismus zur Laser-Ionenbeschleunigung konnten Physiker des MBI zusammen mit dem Max-Planck Instituts für Quantenoptik in Garching und der Ludwig-Maximilians-Universität München Teilchen 40fach effizienter beschleunigen als bisher.

Lichtdruck beschleunigt Ionen

Hochleistungslaser|Foto: FVB

 

Mit einem neuen Mechanismus zur

Laser-Ionenbeschleunigung konnten Physiker des Berliner Max-Born

Instituts zusammen mit Wissenschaftlern des Max-Planck Instituts für

Quantenoptik in Garching und der Ludwig-Maximilians-Universität München

Teilchen 40fach effizienter beschleunigen als bisher. Sie nutzten dafür

den Lichtdruck, also den direkten Impulsübertrag zwischen Laserfeld und

Materie - ein Mechanismus, der seit langem vorhergesagt worden war.

Die Energie der beschleunigten

Teilchen konnte dabei um ein Vielfaches gesteigert werden. Damit kommen

die Physiker dem Konzept eines kostengünstigen kompakten

Laser-Teilchenbeschleunigers, zum Beispiel für die medizinische

Tumorbestrahlung, einen großen Schritt näher.

Licht ist selbst für Physiker

ein wundersamer "Stoff". Es besteht aus Photonen, den Elementarteilchen

des Lichts, die keine Masse haben, aber Energie und Impuls besitzen und

niemals in Ruhe sein können. Sie bewegen sich stets mit der größten im

Universum möglichen Geschwindigkeit. Treffen sie irgendwo auf, gibt es

zwei Möglichkeiten: Entweder sie geben ihre Energie ab und werden dabei

vernichtet oder sie werden reflektiert und übertragen ihren Impuls in

Form eines Rückstoßes. Letzteres Phänomen bezeichnet man als Lichtdruck.

Er ist bei normalen Lichtintensitäten kaum beobachtbar: Ein Spiegel

bewegt sich durch den Lichtdruck bekanntlich nicht. Lediglich im

Weltraum erfahren Satelliten über lange Zeiten tatsächlich eine messbare

Ablenkung durch das Sonnenlicht. Im Innern der Sonne sind die

Verhältnisse ganz anders: Hier ist die Lichtintensität so gewaltig, dass

der Lichtdruck in der Lage ist, die ungeheure Schwerkraft auszugleichen

- ohne ihn würde unsere Sonne unter ihrem eigenen Gewicht einfach in

sich zusammenfallen.

Moderne Laser können

Lichtintensitäten erzeugen, die noch um ein Vielfaches stärker sind als

im Innern der Sonne. Auf eine reflektierende Materieschicht wirkt der

Rückstoß eines Laserpulses wie ein urgewaltiger Hammer, der

resultierende Druck ist der größte, den man künstlich erzeugen kann. Ist

die reflektierende Materieschicht nur wenige Atomlagen dick und nicht

größer als der Durchmesser des fokussierten Laserstrahls, also nur

wenige tausendstel Millimeter, dann erfährt sie die größtmögliche

Rückstoßbewegung - fertig ist der Laserbeschleuniger. In der Tat wird

dieser Mini-Spiegel während der ultrakurzen Pulsdauer des Lasers fast

bis auf Lichtgeschwindigkeit beschleunigt. Mit konventionellen Verfahren

bräuchte man dafür Beschleuniger von etlichen hundert Metern oder gar

Kilometern Länge.

Entscheidend für die Umsetzung

dieses Konzeptes sind ultradünne Diamantfolien - eine Spezialität der

Münchner Kooperationspartner. Die Folien sind auch bei nur wenigen

Nanometern Dicke noch ausreichend reißfest um sich selbst zu tragen. Und

sie müssen unversehrt bleiben, bis das Maximum des Laserpulses sie

erreicht. Sendet der Laser auch nur wenige Milliardstel seiner

Intensität kurz vor dem Hauptpuls aus, was bei den meisten Lasern

unvermeidlich ist, so werden sie einfach verdampft und der Hauptpuls

findet keine reflektierende Oberfläche, die zu beschleunigen wäre. "Die

Erzeugung höchster Laserintensitäten mit weltweit höchster Pulsqualität

ist eine Spezialität des Max-Born-Instituts" sagt Sven Steinke, der am

MBI im Rahmen seiner Doktorarbeit zum Thema Laserbeschleunigung forscht.

Damit waren alle Voraussetzung

gegeben, das neue Beschleunigungskonzept erstmals erfolgreich im

Experiment auszuprobieren. Die so erzeugten Ionenstrahlen haben eine

höhere Energie als mit bisherigen Methoden und weisen eine sehr scharfe

Energieverteilung auf. Außerdem wird die Laserenergie besonders

effizient - etwa 40-mal effizienter als bisher - in Energie der Ionen

umgesetzt.

Mit den Experimenten konnten die

Forscher eine bereits bestehende Theorie untermauern, wie sich

monoenergetische Ionenstrahlen erzeugen lassen. Diese theoretischen

Arbeiten beschäftigen sich auch mit der Skalierbarkeit des Prozesses. So

wird eine quadratische Abhängigkeit der Ionenenergie von der

Laserintensität erwartet, im Vergleich zu einer linearen im

"klassischen" Beschleunigungsfall. "Das bedeutet, man kann wesentlich

höhere Ionenenergien bei gleicher Laserintensität erwarten" so Steinke.

Dies ist wesentlich bei der Planung neuer und größerer Laseranlagen und

auch für die Realisierbarkeit medizinischer Laser-Ionenquellen, da hier

gewisse Mindestenergien und eine monoenergetische Energieverteilung

nötig sind. Diese Parameter sind entscheidend, wenn es darum geht

Ionenstrahlen beispielsweise für die Tumortherapie einzusetzen.

Originalarbeit:

Phys. Rev. Lett. 103 (24), 245003(2009)

Kontakt:

Sven Steinke, Max-Born-Institut, Tel.: 030 6392 1318, E-Mail: steinkembi-berlin.de