Wer bekommt bei dem Begriff Moor nicht
eine leichte Gänsehaut, denkt an die trostlose Einöde in englischen
Kriminalgeschichten. Doch der Lebensraum Moor ist keineswegs eintönig.
Einzigartige Tiere und Pflanzen haben sich optimal an die scheinbar
widrigen Lebensbedingungen angepasst. Moore leisten auch wertvolle
Ökosystemdienst-leistungen für uns Menschen: Sie regulieren den Wasser-
und Kohlenstoffhaushalt.
Der Welttag der Feuchtgebiete am 2.2.2010 soll
uns auch daran erinnern, dass dieser wichtige Lebensraum weltweit
bedroht ist. Am Leibniz-Institut für Gewässerökologie und
Binnenfischerei (IGB) in Berlin ist die Untersuchung von Feuchtgebieten
wie Mooren und Auenlandschaften ein wichtiger Schwerpunkt. Die
Arbeitsgruppe von Dr. Jörg Gelbrecht untersucht beispielsweise, wie
einst trockengelegte Moore erfolgreich wiedervernässt werden können.
Moore nehmen mit einer Fläche
von 4,16 x 106 Quadratkilometern etwa nur drei Prozent des
globalen Festlandes ein, speichern aber 20 bis 30 Prozent der gesamten
Kohlenstoffvorräte aller Böden, was etwa 40 bis 60 Prozent des CO2-Gehaltes der Atmosphäre entspricht. Der weltweite Erhalt und Schutz der Moore
hat damit große Bedeutung in der aktuellen Klimadiskussion.
Die Mehrzahl der Moore befindet
sich in der gemäßigt kalten Klimazone der Nordhalbkugel (etwa 80
Prozent) und im tropischen Bereich Südostasiens.
Im nordostdeutschen Tiefland
bedecken sie 10 bis 12 Prozent der Oberfläche. Ursprünglich spielten sie hier – auf regionaler Ebene – eine wesentliche Funktion für den
Landschaftswasserhaushalt und für die Reinhaltung der Gewässer, da neben großen Mengen Kohlenstoff auch die Pflanzennährstoffe Stickstoff und
Phosphor in den Torfen wachsender Moore gebunden werden. Die
Entwässerung der Moore zur Torfgewinnung und zur Intensivierung der
Landwirtschaft sowie großräumige Grundwasserabsenkungen haben dazu
geführt, dass nahezu 99 Prozent der Moore ihre landschaftsökologischen
Funktionen verloren haben. Sauerstoff konnte in die oberen
Bodenschichten eindringen, mit der Folge, dass der Torf mineralisierte:
Der an Kohlenstoff gebundene Phosphor wird dabei abgespalten und kann
als jetzt gelöster Nährstoff die angrenzende Gewässer zusätzlich
belasteten. Kohlenstoff oxidiert und wird als CO2 in die
Atmosphäre abgegeben. Man schätzt, dass die Moorentwässerung und
-nutzung an der deutschlandweiten Gesamt-CO2-Emission einen
Anteil von 2,3 bis 4,5 Prozent ausmacht. In Nordostdeutschland mit hohem
Anteil an landwirtschaftlich genutzten Moorflächen liegt der Anteil
wahrscheinlich weit über 20 Prozent.
Mit zunehmender Sorge über
Wassermangel, Gewässereutrophierung, Klimaerwärmung und Artenverlust
werden Moore zu ihrer Revitalisierung im großen Maßstab wiedervernässt.
Innerhalb eines umfangreichen, im Jahr 2000 beschlossenen
Moorschutzprogramms, wurden in Mecklenburg-Vorpommern knapp 10.000
Hektar entwässerter Moore wiedervernässt. In begleitenden Studien
konnten die Wissenschaftler in Kooperation mit dem ZALF Müncheberg
zeigen, dass in den ersten Jahren der Wiedervernässung größere Mengen an
Phosphor und klimaschädlichen Methan freigesetzt werden. Dafür ist die
obere stark zersetzte Torfschicht verantwortlich, in der sich leicht
mobilisierbare Nährstoffe angereichert haben. Das trifft auch auf
untersuchte Waldmoore in Berlin und Brandenburg zu. Für den praktischen
Moorschutz bedeutet das: Der Wasseraustausch von überstauten Mooren mit
angrenzenden Gewässern sollte möglichst gering gehalten werden,
beispielsweise durch den vorläufigen Erhalt von Deichanlagen. Zukünftig
werden die neu gebildeten Flachseen langsam verlanden, und sich
anschließend ein neues Moor ausbilden. Die vollständige
Wiederherstellung der ursprünglichen landschaftsökologischen Funktionen
wird vermutlich mehrere Jahrzehnte dauern. Ob sich dieser Prozess durch
eine vorherige Entfernung der stark zersetzten Torfschicht beschleunigen
lässt, ist Gegenstand eines aktuellen Forschungsprojektes des IGB.
Das Leibniz-Institut für
Gewässerökologie und Binnenfischerei (IGB) ist das größte deutsche
Zentrum für ökosystemare Forschung an Binnengewässern.
Forschungsschwerpunkte sind unter anderem die Langzeitentwicklung von
Seen, Flüssen und Feuchtgebieten bei sich rasch ändernden globalen,
regionalen und lokalen Umweltbedingungen, die Entwicklung gekoppelter
ökologischer und sozioökonomischer Modelle, die Renaturierung von
Ökosystemen und die Biodiversität aquatischer Lebensräume.
Kontakt:
Wissenschaftlicher Kontakt Moore: Dr. Jörg Gelbrecht Leibniz-Institut für Gewässerökologie und Binnenfischerei (IGB) Müggelseedamm 301,12587 Berlin, Email: gelbrigb-berlin.de (030) 64181730 Wissenschaftlicher Kontakt Auenlandschaften: Prof. Dr. Klement Tockner Direktor des Leibniz-Institutes für Gewässerökologie und Binnenfischerei (IGB) Email: tocknerigb-berlin.de, (030) 64181601 Pressesprecherin IGB: Nadja Neumann Nadja.neumannigb-berlin.de (030) 64181631 www.igb-berlin.de |