Expert*innen von Brockmann Consult (Unternehmen für Umweltdatenanalyse und -software aus Hamburg) haben in enger Abstimmung mit dem Leibniz-Institut für Gewässerökologie und Binnenfischerei (IGB) und der AG Modellierungsverfahren in der Fernerkundung der Universität Leipzig die Roh-Satellitendaten des europäischen Copernicus Satelliten Sentinel 2 prozessiert und daraus Chlorophyll-Konzentrationen berechnet, die als Anzeiger für die Algenblüte dienen.
Der Satellit Sentinel 2 trägt einen optischen Sensor, mit dem man die Wasserfarbe bestimmen und daraus ableiten kann, welche farbgebenden Substanzen sich im Wasser befinden. Farbgebende Pigmente, wie z.B. das Chlorophyll in Algen, verändern das einfallende Sonnenlicht. Der Sensor im Satelliten kann diese Veränderung im Licht erfassen. So können auch ungewöhnlich hohe Konzentrationen von Algen nachgewiesen werden.
In einer ersten Analyse wurden drei ausgewählte Zeiträume untersucht, nun konnte der Datensatz vervollständigt werden: Die Grafik zeigt 15 Profile der Chlorophyll-Konzentrationen in der Oder von Juli bis August. Die gelbliche Färbung zeigt dabei die besonders hohen Chlorophyll-Konzentrationen an.
Im nun vorliegenden Datensatz erkennt man, dass in der zweiten Julihälfte die Konzentration im gesamten Flusslauf noch auf einem mittleren Niveau lag, während im Oberlauf um die Stadt Opode (Polen) die Werte bereits erhöht waren (19.-20. Juli 2022). Anfang August (3.-4. August 2022) gab es dann einen sprunghaften Anstieg der Chlorophyll-Konzentration auf der Höhe von Wroclaw (Polen). Ob beide Algenblüten in direktem Zusammenhang stehen, kann auf Basis dieser Datenlage noch nicht abschließend beurteilt werden. Deutlich erkennbar ist aber die sehr schnelle Ausbreitung der Blüte, die sich daran anschloss und die binnen einer Woche fast die gesamte Oder umfasste (10.-11. August 2022). In den darauffolgenden beiden Wochen gingen die Chlorophyll-Konzentrationen wieder zurück. Erst Ende August (25.-26. August 2022) erreichten sie wieder das mittlere Niveau von Anfang Juli.
Die Satellitendaten haben großes Potenzial, zur weiteren Aufklärung der Oder-Katastrophe beizutragen. Die neuen Ergebnisse helfen, die Entstehung und Ausbreitung der toxischen Prymnesium-Algenblüte besser zu verstehen und ihren Ursprung räumlich und zeitlich einzugrenzen. Dafür werden gewässerökologische Messdaten und Wasserproben mit den Satellitendaten, die auch aus der Zeit des Beginns der Umweltkatastrophe vorliegen, kombiniert und die Auswertung weiter fortgesetzt.