Pressemitteilung | IGB | 21-08-2008

Schilf und Wurzeln bieten Schutz

Schilf und Wurzeln bieten Schutz

Auf Sandboden finden Kleinstlebewesen wie diese Libellenlarve bei Wellen wenig Halt.|Foto: IGB

 

Forscher des Leibniz-Instituts für Gewässerökologie und Binnenfischerei (IGB) untersuchen, wie Wellen von Motorbooten und Schiffen kleine Uferlebewesen beeinflussen

Schnecken, Krebse, Insektenlarven - der Uferbereich von Flüssen und Seen wird von unzähligen Kleinstlebewesen bevölkert, die eine wichtige Rolle in der Nahrungskette und im Ökosystem der Gewässer spielen. Sie fressen unter anderem das Laub, das ins Wasser fällt, und halten so die Gewässer sauber. Bis zu 10.000 Organismen finden sich auf einem Quadratmeter Flachwasser, darunter sind auch viele Larven von Landinsekten. Wissenschaftler nennen die gesamte Gruppe Makrozoobenthos - das sind alle wirbellosen, am Gewässergrund lebenden Flachwasserlebewesen, die noch mit bloßem Auge erkennbar sind. Forscher des Leibniz-Instituts für Gewässerökologie und Binnenfischerei (IGB) haben jetzt untersucht, welchen Einfluss Schiffswellen auf die Kleinstlebewesen haben.

Die Larve von Calopteryx splendens, einer Libellenart, krabbelt im flachen Wasser auf einem Stein herum. Dann betätigt Friederike Gabel die Wellenmaschine. Eine Welle, vergleichbar mit der eines Sportbootes, schwappt durch das drei Meter Lange Becken. Die Larve wird aufgewirbelt - "verdriftet" sagen die Forscher - und rudert mehrere Minuten hilflos im Wasser herum, bis sie wieder "festen Boden" unter den Füßen hat. "Wenn sie im Wasser treiben, laufen die Tiere Gefahr, gefressen zu werden", beschreibt Gabel eine Folge des Wellenschlages. Außerdem müssten die Tiere Energie und Zeit verwenden um wieder Halt zu finden, was sich negativ auf Wachstum und Fortpflanzung auswirke. Die Forscher befürchten, dass Schiffswellen die Sterblichkeit der Tiere erhöhen könnten und damit zu einer Reduzierung der Artenvielfalt führen, was nachhaltigen Einfluss auf die ökologische Qualität von Flüssen und Seen hat.

Mit dem Versuchsaufbau haben sie im Labor bestimmt, bei welcher Wellenstärke welche Organismen von ihren Halteplätzen weggerissen werden. Die Ergebnisse haben sie jetzt in der Zeitschrift Freshwater Biology (2008, 53, 1567-1578) veröffentlicht. Sie fanden heraus, dass die Verdriftung umso geringer war, je komplexer der Lebensraum war. "Am wenigsten Einfluss haben Wellen, wenn das Ufer mit Wurzeln bestanden ist", berichtet Gabel. Auch dichte Schilfgürtel würden den Tieren ausreichend Schutz vor der Kraft der Wellen bieten. Auf Sand und Steinen hingegen sei die Verdriftung am stärksten. Komplexe Lebensräume würden zum einen die Kraft der Wellen reduzieren zum anderen bieten sie bessere Versteck- und Festhaltemöglichkeiten für die Tiere, so Gabel.

Die Forscher haben nun begonnen, Proben im natürlichen Lebensraum zu sammeln. Sie wollen ermitteln, welche Auswirkungen die Wellen langfristig auf die Uferbewohner haben. Dazu untersuchen sie verschiedene Punkte in der Havel und vergleichen Uferbereiche, die mehr oder weniger den Schiffswellen ausgesetzt sind.

Sie seien nicht gegen den Schiffsverkehr, betont Gabel, sie sehen jedoch einfache Maßnamen zum Schutz der Uferbereiche. "Im Ergebnis unserer Untersuchungen könnten wir Empfehlungen an das Gewässermanagement formulieren, etwa zur Gestaltung der Uferbereiche oder dass Schiffe in bestimmten Bereichen weiter entfernt vom Ufer oder auch langsamer fahren sollten", so die Forscherin.

Weitere Informationen und Bildmaterial:

Friederike Gabel, E-Mail
Leibniz-Institut für Gewässerökologie und Binnenfischerei
Tel.: 030 641 81 693, Mobil: 0160-99137880

Dr. Xavier-François Garcia, E-Mail
Leibniz-Institut für Gewässerökologie und Binnenfischerei
Tel.: 030 641 81 685, Mobil: 0157-71789318,