Der Forschungsverbund Berlin e.V. feiert 25 Jahre Spitzenforschung aus Berlin
25 Jahre nach seiner Gründung schreibt der Forschungsverbund Berlin eine besondere Erfolgsgeschichte. Die acht Institute forschen heute in der internationalen Top-Liga und leisten mit ihren Themen wichtige Beiträge für die technologische Entwicklung unserer Gesellschaft. Der Forschungsverbund Berlin ist mit rund 2000 Mitarbeitern die größte außeruniversitäre Forschungseinrichtung der Hauptstadt. Die Institute gehören zur Leibniz-Gemeinschaft.
Wir laden Sie herzlich ein,
am Donnerstag, 18. Mai 2017
in der Urania (An der Urania 17, 10787 Berlin)
mit uns zu feiern!
Festakt 9 Uhr bis 10:30 Uhr
Begrüßung
Prof. Dr. Volker Haucke für den Vorstand des Forschungsverbundes Berlin e.V.
Direktor am Leibniz-Institut für Molekulare Pharmakologie
Grußworte
Michael Müller, Regierender Bürgermeister von Berlin
Prof. Dr.-Ing. Matthias Kleiner, Präsident der Leibniz-Gemeinschaft
Prof. Dr. Peter A. Frensch, Vizepräsident für Forschung der Humboldt-Universität zu Berlin
Festrede
Prof. Dr. Wolfgang Wahlster, CEO des Deutschen Forschungszentrums für Künstliche Intelligenz in Saarbrücken (DFKI), Professor für Informatik an der Universität des Saarlandes und Präsident der Gesellschaft Deutscher Naturforscher und Ärzte (GDNÄ)
Empfang
Symposium 11:30 Uhr bis 14:30 Uhr
FBH Dr. Joachim Würfl: So klappt die Energiewende – wie Halbleiter helfen, Kraftwerke einzusparen
FMP Prof. Dr. Adam Lange: Molekularen Maschinen bei der Arbeit zusehen
IGB Prof. Dr. Robert Arlinghaus: Ein kleines bisschen Anglerlatein
IKZ Dr. Günter Wagner: Kristallzeit – Kristalle im Wettbewerb für Innovationen
IZW Prof. Dr. Heribert Hofer: Frauenpower, Tüpfelhyänen und ein wenig Molekularbiologie
MBI Prof. Dr. Olga Smirnova: On subtle differences between left and right
PDI Prof. Dr. Henning Riechert: Darf's auch etwas kleiner sein? – Nanostrukturen für die Halbleitertechnologie
WIAS Dr. Clemens Guhlke: Gefahr erkannt, Gefahr gebannt! – Mathematische Modelle machen Lithium-Ionen-Batterien sicherer
LabSlam 14:45 Uhr bis 16:15 Uhr
Vortragswettstreit unter jungen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern der Institute des FVB. Es gibt vier Vortragsduelle, das Publikum bestimmt die Gewinnerinnen und Gewinner der kollegialen Duelle. Der Themenfokus ist eine Überraschung.
Moderation: Dr. André Lampe, Physiker und Moderator
Ausstellung im Foyer
Die Institute des Forschungsverbundes Berlin und als Gäste die Leibniz-Gemeinschaft sowie das Leibniz-Institut für Analytische Wissenschaften stellen sich vor.
Sommerfest für Freunde, Förderer und Mitarbeiter
Wir rocken die Wissenschaft – feiern Sie mit!
Donnerstag, 15. Juni 2017
ab 18.00 Uhr bis Mitternacht
Kulturbrauerei – Palais und Kesselhaus (Schönhauser Allee 36, 10435 Berlin)
Anmeldung für den 18. Mai und den 15. Juni
25 Jahre FVB |
Zur Geschichte des Forschungsverbundes Berlin:
Personalakten ins Cockpit, bitte!
Vor 25 Jahren begann die heiße Phase zur Installierung des Forschungsverbundes Berlin e.V. mit acht Instituten, die aus der Akademie der Wissenschaften der DDR hervorgegangen sind. Unter dem Titel „Personalakten ins Cockpit, bitte!“ schilderte damals Dr. Falk Fabich, FVB-Geschäftsführer von 1992 bis 2012, die dramatischen Wochen.
Von Dr. Falk Fabich
1991 stellvertretender Geschäftsführer der „Koordinierungsstelle für die Abwicklung der Institute der ehemaligen Akademie der Wissenschaften der DDR“ (KAI-AdW),
Geschäftsführer des Forschungsverbundes Berlin 1992 bis 2012
Am Ende einer unspektakulären Silvesternacht hatte die Wissenschafts- und Forschungslandschaft der Bundesrepublik am Morgen des 1. Januar 1992 ein verändertes Gesicht. Der sich dramatisch zuspitzende Wettlauf zwischen am 31. Dezember 1991 endender Übergangsfinanzierung und der notwendig zeitgenauen Bereitstellung neuer Forschungseinrichtungen des Bundes und der Länder war mit der Beschäftigung von mehr als 8.000 Mitarbeitern in drei Großforschungseinrichtungen, 24 Blaue-Liste-Einrichtungen, 21 Einrichtungen und Arbeitsgemeinschaften der Fraunhofer Gesellschaft sowie 2 Instituten und 28 Arbeitsgruppen der Max-Planck-Gesellschaft zu einem relativen Erfolg geführt worden.
Gemessen an den Entwicklungsschritten des Einigungsprozesses und den Wendezeitdaten historischen Rangs wurde die vorgesehene Einpassung der Forschungspotentiale der ehemaligen DDR in die gemeinsame Forschungsstruktur der BRD erst relativ spät mit ihrer institutionellen Transformation abgeschlossen. Artikel 38 des Einigungsvertrages hatte mit der Gewährung eines Übergangszeitraumes die Chance eröffnet, diesen Transformationsprozess aus dem gleißenden Rampenlicht des vorwärts hetzenden Einigungsprozesses zu nehmen und quasi im Windschatten nach eigenen, der Komplexität und Sonderheit der Aufgabenstellung angepassteren Regeln zu vollziehen. Vielleicht beruht darauf der allgemein als relativer Erfolg bezeichnete Abschluss.
Auf der anderen Seite geriet der zeitlich versetzte Umgestaltungsprozess deshalb unter den Einfluss verfliegender Euphorie und Desillusionierung, der sich ankündigenden Finanzkrise und allgemein in den Sog negativer Vorerfahrungen des Zusammenführens anderer gesellschaftlicher Bereiche. Je näher das Jahresende 1991 rückte, desto mehr starrten Öffentlichkeit und Politik hypnotisiert auf die Zahl ausgegebener Verträge. Wie Wasserstandsmeldungen wurden sie ins Verhältnis zu dem verbliebenen Personalbestand der KAI-AdW gesetzt. Konzeptionelle Überlegungen und die Strukturierung zukünftiger Forschungseinrichtungen wurden zunehmend von Befürchtungen und dem wachsenden Gefühl existentieller Bedrohung in den Hintergrund gedrängt.
„Mitten in der Zeit ist man nur selten“ – mittendrin aber war die KAI-AdW als administrative Trägerin und institutionelles Rückgrat, ihrerseits getragen und vorangetrieben von wenigen, mit ungewöhnlicher Gestaltungskraft versehenen Personen. Für ein knappes Jahr war sie der Umschlagplatz von Personen, Ideen und Initiativen, eine Fabrik der wachsenden Einheit, der Ort, wo alte Strukturen mit Blick auf ihre Auflösung erhalten und neue aus der Retorte konstruiert wurden. Hier stießen wohl artikulierte Interessen aufeinander, fokussierten auf anderer Ebene individuelle Hoffnungen und Wünsche und schlugen sich Enttäuschungen nieder. Die KAI-AdW war Ausgangspunkt von Neugründungen und noch in der Phase eigener Auflösung Rettungsanker für nicht umgesetzte Empfehlungen des Wissenschaftsrates.
Während die in den Instituten gebildeten sogenannten Abwicklungsteams der KAI-AdW zum Jahresende 1991 unter wachsenden Zeitdruck gerieten, die nach Artikel 38 Einigungsvertrag zu schließenden Institute und Einrichtungen der ehemaligen Akademie in einer administrativen Anforderungen genügenden Form abzuwickeln, suchten andere Einrichtungen, die, gestützt auf ein positives Evaluierungsergebnis des Wissenschaftsrates, zum Jahresende 1991/Jahresanfang 1992 neu gegründet werden sollten, ihren Weg in die Selbständigkeit, z. B. als GmbH oder Verein.
Wirklich Neues allerdings, im Sinne von den Bedürfnissen angepassten und den herkömmlichen und erprobten Organisationsformen von Wissenschaft abweichenden Modellen gab es trotz jahrelang gewachsener Kritik an den bestehenden Strukturen nicht. Es war Berlin vorbehalten, hier aus Not den einzigen Versuch zu wagen. Der Wissenschaftsrat hatte nach positiver Evaluierung die Gründung von acht im ehemaligen Ost-Berlin gelegenen Forschungseinrichtungen als Institute der Blauen Liste empfohlen und Berlin trotz aller Regionalisierungsbestrebungen den größten Anteil der umzuwidmenden Einrichtungen aufgebürdet.
Schon im Frühjahr 1991 wurden im Haus des Wissenschaftssenators Überlegungen angestellt, statt acht einzelner Institute eine Management- und Trägerorganisation zu gründen, deren Aufgaben darin bestehen sollten, „den Aufbau der Institute administrativ zu betreuen, Verwaltungskapazität, d.h. vor allem haushalts- und personalrechtliches Know-how bereit zu halten, rechtliche und vor allem liegenschaftsrechtliche Unterstützung zu gewähren, wissenschaftliche Beratungsprozesse zum Teil gemeinsam mit den Hochschulen zu analysieren, Bauten zu begründen etc. Diese Organisation würde im institutionellen Bereich die Empfehlungen des Wissenschaftsrates umsetzen.“
Motiviert war dieses Modell durch die Einschätzung, dass der Aufbau einer so großen Zahl von Forschungseinrichtungen in relativ kurzer Zeit erhebliche wissenschaftliche, administrative und konzeptionelle Kapazitäten erfordern würde, die weder aus dem Personalbestand der ehemaligen Akademie noch zu jener Zeit in der Region Berlin würden rekrutiert werden können.
Das Modell einer Trägereinrichtung verdichtete sich im Sommer 1991, wurde als Senatsbeschluss im Juli 1991 verabschiedet, erhielt gelegentlich einer von KAI-AdW ausgerichteten Tagung an zusammengerückten Tischen in einer Saalecke seine strukturellen Konturen und wurde auf der Grundlage eines von der Fraunhofer Management-Gesellschaft verfassten Gutachtens in der Nacht zum 21. November des Jahres institutionell gefasst.
Neben grundsätzlichen Überlegungen, vor allem auf Bundesseite, sich bei der Gründung und dem Betrieb von Forschungseinrichtungen nicht mehr wie bisher in verantwortlichen Funktionen als Gesellschafter, Mitglied von Aufsichtsräten oder Vorständen zu engagieren, standen pragmatische Erwägungen im Vordergrund. Es ging darum, innerhalb weniger Wochen den organisatorischen Rahmen, Verfahren und Verfahrenssicherheit zu schaffen, kompetentes Personal zu gewinnen und – ganz allgemein – die sachlichen und räumlichen Voraussetzungen dafür zu schaffen, dass ab 1. Januar 1992 acht höchst unterschiedliche wissenschaftliche Einrichtungen ihren Geschäftsbetrieb sollten aufnehmen können. Das hieß: Waren zu bestellen und Leistungen in Auftrag zu geben, abzunehmen und zu bezahlen,
Gewährleistungsansprüche durchzusetzen, Sicherheits- und Baufragen zu klären, vor allem jedoch: Anstellungsverhältnisse zu begründen, Verträge für rd. 750 Personen auszugeben und schließlich Löhne und Gehälter zu zahlen. Letzteres wurde wegen der herausragenden politischen Bedeutung sogar als ein ausdrücklich formulierter Zweck in die Satzung des Forschungsverbundes aufgenommen. Insgesamt ging es im ersten Geschäftsjahr 1992 um die Organisation eines Unternehmens mit einem Finanzvolumen von rund 100 Mio. DM.
Der in der Gründungsversammlung vom 21. November formulierte Satzungsauftrag des Forschungsverbund Berlin e.V. gab als Ziele des Vereins vor:
- die Wissenschaftsratsempfehlungen zur Neugestaltung der Forschungslandschaft Berlins umzusetzen,
- Beschäftigungsangebote für die Mitarbeiter der ab 1. Januar 1992 zu gründenden Institute auszugeben,
- die Gründung der Institute zu unterstützen.
Die beiden letztgenannten und kurzfristig zu realisierenden Ziele spiegeln die aktuelle Drucksituatıon und konnten rasch erreicht bzw. eingelöst werden. Die Umsetzung der Wissenschaftsratsempfehlungen zur Neugestaltung der Forschungslandschaft Berlin war dagegen eher Programm.
Aus dem Tagebuch des Aufbaus des Forschungsverbundes Berlin e.V.
21. November 1991
Um 14.00 Uhr treffen 22 Mitglieder – von Gründungskomitees, kommissarisch beauftragte Direktoren, Beamte der beteiligten Landes- und Bundesbehörden auf Einladung von Wissenschaftssenator Erhardt zusammen und gründen den Forschungsverbund Berlin e.V. auf der Basis einer während der Nacht erarbeiteten Satzung. Es erfolgen die Bestellung eines kommissarisch tätigen Geschäftsführers und die Haftungsfreizeichnung der Gründungsmitglieder. Das Ganze hat eher den Charakter einer Zwangsgemeinschaft, die Direktoren der Institute und Vorsitzenden der Gründungskomitees hätten den Weg in je unabhängige Forschungseinrichtungen offensichtlich vorgezogen.
Noch 40 Tage bis zum 1. Januar 1992.
23. November 1991
Der gerade gewählte Sprecher des Forschungsverbundes erklärt seinen Rücktritt, als bestätigt wird, dass die Vorgabe des BMFT, bei der Besetzung von Stellen ein Verhältnis von 90 % Ost- zu 10 % West-Mitarbeitern berücksichtigen zu müssen, bindend sei. Er sieht unter diesen Umständen keine sinnvolle Perspektive für den Aufbau der Institute.
Noch 38 Tage bis zum 1. Januar 1992.
1. Dezember 1991
Funktionsübernahme durch den kommissarischen Geschäftsführer im Nebenamt.
Personalbestand: Eine rund um die Uhr arbeitende Sekretärin und eine ebenfalls hoch engagiert und unentgeltlich mitarbeitende Praktikantin. Weiteres Personal soll laut Absprache mit der KAI noch nicht eingestellt werden.
Noch 30 Tage bis zum 1. Januar 1992.
5./6. Dezember 1991
IBM, Hewlett Packard und Siemens-Nixdorf erklären sich außerstande, innerhalb von drei Monaten ein funktionsfähiges EDV-System zum Betrieb des Finanz- und Rechnungswesens bereitzustellen. Ergebnislose Anfragen bei großen Forschungsinstituten, auch außerhalb Berlins, bei Wirtschafts- und Beratungsunternehmen, das Finanz- und Rechnungswesen, Buchhaltung oder den Einkauf übergangsweise zu übernehmen.
Noch 25 Tage bis zum 1. Januar 1992.
8. Dezember 1991
Die Max-Planck-Gesellschaft bietet die unentgeltliche Nutzung ihrer eingestandenermaßen überalterten, für einen Übergangszeitraum jedoch durchaus betriebssicheren Anwendungssoftware für die Bereiche Finanz- und Rechnungswesen und Bestellwesen an. Im Fritz-Haber-Institut werden eine Speichererweiterung und drei Eingabeplätze als Notmaßnahme vorbereitet. Der .dortige Verwaltungsleiter entwirft gemeinsam mit einem ehemaligen Mitarbeiter des Hahn-Meitner-Instituts die Finanz- und Haushaltsstruktur des Forschungsverbundes und passt die Software an.
Noch 23 Tage bis zum 1. Januar 1992.
10. Dezember 1991
Die Zentrale Gehaltsstelle der KAI-AdW erklärt sich bereit, die Gehaltsabrechnung bis auf weiteres auf Kostenbasis zu übernehmen. Personalakten müssen ohne Rückgriff auf Altbestände ab Januar neu erstellt werden. (Es sollte der Gemeinsamen Verwaltung des Forschungsverbundes gelingen, bereits bis Mitte Januar Abschlagszahlungen zu leisten und als erste der neugegründeten Forschungseinrichtungen in den neuen Bundesländern schon Ende Januar geprüfte Gehälter auszuzahlen.
Noch 21 Tage bis zum 1. Januar 1992.
12. Dezember 1991
Über eine Telefonkette wird der Kontakt zur Ehefrau eines empfohlenen Fachmanns für den Aufbau des Einkaufs hergestellt, der am nächsten Tag aus dem Urlaub in Süddeutschland nach Göttingen zurückkehren soll.
Noch 19 Tage.
13. Dezember 1991
Der Einkäufer steht mittags unangemeldet im Büro. Zunächst bis Weihnachten, dann für vier Wochen, später bis Ostern. Er bleibt ein Jahr. Eine zentrale Position ist besetzt. Mit höchster Dringlichkeit nimmt er die Erarbeitung von Einkaufsregeln, Verfahren für Beschaffungsvorgänge, Formblättern und die Erstausstattung der Gemeinsamen Verwaltung in Angriff.
Aus den acht Instituten treffen in Kartons verpackt, in Tüten untergliedert Personalunterlagen der jeweils einzustellenden zukünftigen Mitarbeiter ein. Sie bestehen aus dem Personalfragebogen, der sogenannten Stasi-Erklärung, einer vom Gründungskomitee verfassten Gesamtübersicht und werden ergänzt um die individuell zugedachte Aufgabenbeschreibung, Eingruppierung und Laufdauer des Vertrages. Stellenpläne fehlen ebenso wie im Fall der sogenannten Verstärkungsfonds die Beschäftigtenzahl und die Stellengüte. In den Verträgen wird die Überprüfung der Eingruppierung deshalb bis zum 31. Dezember 1992 vorbehalten.
Die Personalunterlagen werden in ihrer Zuordnung überprüft, quittiert, zum Flughafen gebracht und dort nach telefonischer Vereinbarung ins Cockpit gereicht, um in München von der Fraunhofer-Management-Gesellschaft abgeholt, hinsichtlich ihrer Aufgabenbeschreibung, Tätigkeitsmerkmale, Eingruppierung und der Befristungsgründe überprüft zu werden. In generalstabsmäßiger Planung werden innerhalb von sechs Tagen, d. h. bis zum 19. Dezember 1991 über 560 Verträge in drei Ausfertigungen erstellt und nach Berlin zurückgebracht.
Noch 18 Tage.
16. Dezember 1991
Auf die Stellenausschreibungen für die Gemeinsame Verwaltung des Forschungsverbundes sind rund 380 Bewerbungen eingegangen, die um weitere 110 bei KAI-AdW eingegangene Bewerbungen erweitert werden; Es wird vereinbart, KAI e.V. ein vorangehendes Besetzungsrecht einzuräumen, da dort nur auf zwei Jahre befristete Verträge, im Forschungsverbund dagegen auf fünf Jahre laufende Verträge ausgegeben werden können.
Der zukünftigen Gemeinsamen Verwaltung des Forschungsverbundes werden Räume im Gebäude der KAI-AdW am Gendarmenmarkt zugewiesen. Es wird die praktische Kooperation mit KAI e.V. hinsichtlich der Organisation der Post, des Fahrdienstes, der Beschaffungsstelle, des Liegenschaftsdienstes und der Tagungsorganisationvereinbart.
Noch 15 Tage bis zum 1. Januar 1992.
19. Dezember 1991
Das Bundesverfassungsgericht erklärt im Wege einer einstweiligen Anordnung die pauschale Beendigung der Arbeitsverhältnisse der AdW-Beschäftigten für unzulässig und räumt den Mitarbeitern der ehemaligen AdW eine mindestens einmonatige Schutzfrist-nach Zugang der letzten definitiven Absage auf Stellenbewerbungen in den neuen Forschungseinrichtungen ein. In einer gemeinsamen Beratung aller in der KAI-AdW und in ihrem Umfeld agierenden Aufbau- und Abwicklungsgruppen werden die Konsequenzen diskutiert. Im Verlauf der weit in den Abend reichenden Debatte werden die jeweils drei Vertragsexemplare für 563 Angestellte vom Geschäftsführer des Forschungsverbundes unterschrieben (1.689 Unterschriften) und an den folgenden Tagen in den Instituten ausgegeben. Auf Druck eines sich in Berufungsverhandlungen zum Institutsdirektor befindenden westdeutschen Hochschullehrers werden die Verträge der Mitarbeiter dieses Instituts zurückgehalten. Sie sollten dann erst mit Zustimmung der Staatssekretärin am 17. März 1992 ausgegeben werden. Der Aspirant nimmt sein Interesse an der Übernahme der Institutsleitung in den folgenden Berufungsverhandlungen nach weiteren drei Monaten zurück. Der öffentliche Druck, noch vor Weihnachten Verträge auszugeben und Anstellungsverhältnisse abzuschließen, ist so groß, dass die Sekretariate des Wissenschaftssenators und des Ressortministers im BMFT in Bonn tägliche Zählappelle halten und aufmunternde Durchhalteparolen ausgeben.
Noch immer allerdings keine Mitarbeiter angestellt, wohl aber liegen Zuwendungsbescheide für die acht Institute vor und ist ein Bankkonto für den Forschungsverbund eröffnet.
Noch 12 Tage bis zum 1. Januar 1992, davon 7 Arbeitstage.
20. Dezember 1991
Nachts in der Kneipe zur Möbelbeschaffung und Räumaktionen angeworbenen Studenten wird am nächsten Morgen, trotz vorbereitender Absprachen, der Zugang verwehrt. Eigene Räumungskräfte gibt es nicht. Die Räume bleiben in miserabler Verfassung und unausgestattet.
26. Dezember 1991
In der Personalabteilung des Heinrich-Hertz-Instituts sind die Bewerbungen gesichtet und Termine vereinbart worden. Die Vorstellungsgespräche zur Besetzung von 30 Stellen beginnen am zweiten Weihnachtsfeiertag morgens um 6.30 Uhr im 7. Stock eines Hochhauses an der Spree.
Im 30-Minuten-Rhythmus sind es bis zum Abend 23 Vorstellungsgespräche, bewegende Biographien, die mit zerstörten Hoffnungen, offenen Erwartungen und dem Wunsch nach persönlicher Perspektive und Stabilität von den Erschütterungen der Wende zeugen. 14 Bewerberinnen erhalten Beschäftigungsangebote.
Noch 5 Tage bis zum 1. Januar 1992.
27. Dezember 1991
Weitere Vorstellungsgespräche führen zu Vertragsangeboten an acht zum 1. Januar 1992 neue Beschäftigungen suchende Mitarbeiterinnen der ehemaligen Akademie der Wissenschaften.
2. Januar 1992
Um 8.00 Uhr Begrüßung von einander bis dahin fremden 22 Personen, die möglichst rasch ein kooperierendes Team bilden und unter großem Erwartungsdruck das auf zunächst fünf Jahre befristete Modell der Forschungsorganisation Forschungsverbund Berlin e.V. entwickeln und tragen sollen.
Der Forschungsverbund Berlin e.V. nimmt seinen Geschäftsbetrieb auf.
Der Entstehungsprozess des Forschungsverbundes ist Bestandteil der Geschichte der KAI-AdW. Er stand in den für diese Zeit charakteristischen Spannungen zwischen Abwicklung und Aufbau und war geprägt von engagierten Personen, deren Arbeitsbeziehungen unter übermächtigem Problem- und Termindruck eine ungewöhnliche Intensität entwickelt haben. Der Zwang zu unkonventionellem, Begrenzungen bürokratischen Handelns oftmals sprengenden Vorgehen hat Kräfte freigesetzt, die heute schon wieder unter den Bedingungen alltäglicher Arbeitsroutine allzu leicht verloren gehen.
Und auch die Erfahrung gehört dazu: Die Qualität einer Entscheidung oder eines Arbeitsergebnisses korreliert nicht durchgängig mit dem Aufwand. Ab einem bestimmten Niveau geraten Arbeitsaufwand und Ressourceneinsatz außer Verhältnis zu dem Zuwachs an Qualität. Die historisch besondere Situation wurde inzwischen längst für abgeschlossen erklärt, die dazu erworbenen Erfahrungen sind es nicht und sollten als Chance genutzt werden.